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Sport: Pfiffe, Wut, Erlösung

Hannover 96 kann sich mit dem Sieg über Bochum retten, der VfL steigt ab, Nürnberg geht in die Relegation. Das Protokoll eines Dreikampfes

Von Christian Otto

Der Kampf gegen den Abstieg ist auch am letzten Spieltag dieser Saison noch offen. Hertha BSC steht als Absteiger zwar bereits fest, Hannover 96, der 1. FC Nürnberg und der VfL Bochum aber können sich noch retten.

15.30 Uhr, Nürnberg: Im Stadion, gefüllt mit 48 000 Fans, herrscht eine angespannte Atmosphäre. Die Fans des Clubs hoffen, aber glauben sie wirklich an den Klassenerhalt? In der Kurve hängen elf Plakate: „Gebt alles!“, steht auf einem. „Sonst 2. Liga“, auf dem daneben.

15.32 Uhr, Bochum: Hier sind die Fans schon vor dem Abpfiff in Kampfeslaune: Rund 8000 mitgereiste Anhänger von Hannover 96 versuchen sich Gehör zu verschaffen, während Grönemeyer („Tief im Westen“) aufgelegt wird. Das Stadion ist mit 30 748 Zuschauern ausverkauft.

15.39 Uhr, Bochum: Tor für Hannover! Balitsch hat einen Abpraller in den Strafraum gelupft, wo Bruggink im richtigen Moment startet. Aus 15 Metern hält er volley mit dem Vollspann drauf, der Ball zischt unhaltbar für Bochums Keeper Heerwagen ins Tor. Weil Hannovers Pinto und Schmiedebach im passiven Abseits gestanden hatten, gestikuliert Bochums Trainer Dariusz Wosz an der Seitenlinie wild. Der Treffer aber wird zu Recht gegeben.

15.42 Uhr, Nürnberg: Der Club kommt zu seiner ersten Möglichkeit: Frantz’ Schuss aus 15 Metern ist jedoch nicht hart genug, um Torwart Mondragon ernsthafte Schwierigkeiten zu bereiten.

15.52 Uhr, Bochum: Hannover erhöht auf 2:0. Hankes Direktschuss von der Strafraumkante schlägt unten rechts im Tor ein. Der Treffer nimmt viel Druck von Hannovers Team: Trainer Mirko Slomka umarmt an der Seitenlinie jeden, der sich nicht wehren kann. Hanke verschwindet unter der Jubeltraube seiner Kollegen.

15.55 Uhr, Nürnberg: Die Fans feiern das 1:0 für den Club, Maroh hat getroffen. Aber Schiedsrichter Gagelmann entscheidet auf Abseits. Zu Recht. Im Stadion beruhigt man sich wieder.

16.14 Uhr, Bochum: 3:0. Hannover kontert die Bochumer aus. Am Ende einer raschen Ballstaffette marschiert Pinto Richtung Strafraum. Sein Heber senkt sich ins lange Eck. Pintos Jubel ist cool. Er weiß: Hannover ist so gut wie gerettet.

16.18 Uhr, Nürnberg: Es ist Halbzeit. Die Zwischenstände aus Bochum werden auf der Anzeigetafel zwar nicht eingeblendet, die Fans aber sind dank Handy und Radio informiert. Die Stimmung auf den Rängen wurde mit jedem Tor für Hannover müder – das wiederum hat sich auf die Mannschaft übertragen. Den 15. Platz kann Nürnberg nicht mehr schaffen, wenn Hannover gewinnt. Und direkt absteigen kann der Club bei derzeitigem Stand nur, wenn das eigene Spiel 0:4 verloren geht.

16.42 Uhr, Bochum: Die ersten Pfiffe der Fans gegen ihren VfL. Hashemian verstolpert einen Ball nach dem anderen. Bochums Interimstrainer Wosz steht an der Seitenlinie und schüttelt immer wieder den Kopf: Er weiß, dass es vorbei ist.

17 Uhr, Nürnberg: Club-Trainer Dieter Hecking denkt schon an das erste Relegationsspiel gegen Augsburg am Donnerstag. Er nimmt seinen mit zwölf Toren erfolgreichsten Stürmer Bunjaku vom Platz, damit der sich ausruhen kann. Für ihn kommt Boakye.

17.15 Uhr, Nürnberg: Ottl trifft für den Klub aus 20 Metern mit einem Freistoß. 1:0. Einige Fans bekommen das gar nicht mehr mit, weil sie das Stadion bereits verlassen haben. Sie wissen: Ein Tor ist nicht mehr von Belang, Nürnberg muss sowieso in die Relegation. Kurz darauf ist Schluss. Im Stadion bleibt es ruhig. Die Profis gehen immerhin noch in die Kurve, um sich für die Unterstützung zu bedanken. Die meisten haben ihre Hände in die Hüften gestemmt.

17.20 Uhr, Bochum: Ein paar Chaoten aus dem Fanblock des VfL stürmen kurz nach Abpfiff den Rasen. Es kommt zu einem Gerangel mit Sicherheitskräften und auch Spielern des VfL. Ein Ordner verletzt sich, weil ihm ein Plastikstuhl an den Kopf fliegt. Das schnelle Eingreifen der Polizei verhindert weitere Ausschreitungen. Hannover lässt sich von alledem nicht stören. Die Fans skandieren: „Robert Enke, Du bist der beste Mann“. Die Spieler tragen ein schwarzes Plakat: „Robert R. I. P.“ Einige von ihnen haben Tränen in den Augen. Auch Torwart Fromlowitz. „In der zweiten Halbzeit, als klar wurde, dass wir es schaffen, war ich im Geiste bei Robert“, sagt er.

17.45 Uhr, Bochum: Auf der Pressekonferenz entschuldigt sich Zwei-Spiele-Trainer Wosz mit zittriger Stimme: Es tue ihm Leid, dass er nicht mehr habe herausholen können, „aber das war leider Angsthasen-Fußball“.

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