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Sport: Pleiten, Pech und Freiheitsdrang

Warum sich die Trendsportart Snowboarden nur sehr schwer vermarkten lässt

Berlin. Ralf Scheitenberger hat immer wieder mal das Programm des Spartensenders Eurosport aufmerksam verfolgt. Manchmal haben sie dort auch Snowboarden übertragen. Lockere Typen, die mit ihren Brettern Salti schlugen oder sich sonst irgendwie verrenkten. Doch Scheitenberger wurde nie so richtig mitgeweht vom Zeitgeist, obwohl er nun wirklich kein Spießer ist. „Die Übertragungen liefen zu den seltsamsten Zeiten“, sagt er. „Drei, vier Wochen nach dem Weltcup-Rennen.“ Das sei früher so gewesen, sagt Heike Gruner von der Eurosport-Pressestelle, in diesem Jahr sei alles anders. „Jetzt zeigen wir die Rennen mit einer Woche Zeitverzögerung.“

Dieser Satz sagt vieles. „Snowboarden ist ein Beispiel dafür, wie die Vermarktung einer Sportart schief laufen kann“, sagt Scheitenberger. Er weiß, wovon er redet, denn er vermarktet Wintersportler. Evi Sachenbacher, die Langlauf-Staffel-Olympiasiegerin, ist bei ihm unter Vertrag und erhält eine sechsstellige Summe. Biathleten verdienen gut, Skispringer sowieso. Nur Snowboard läuft irgendwo mit. Nicola Thost war auch mal bei Scheitenberger unter Vertrag. Damals hatte sie gut verdient mit ihren Sponsorenverträgen. Sie war das deutsche Gesicht des Snowboardens. Nicola Thost, die Olympiasiegerin von 1998. Die Telekom stieg als Sponsor ein, Thost zog sich vor den Winterspielen 2002 für den „Playboy“ aus. Als sie aber aufhörte, im Sommer 2003, beachtete sie keiner.

Da war Snowboarden schon ziemlich weit unten. „Ich habe noch nie so viele Chaoten erlebt wie im Snowboarden“, sagt Scheitenberger. Er hatte mal die Profi-Mannschaft T-Mobile initiiert. Die Mannschaft zerbrach. Er war kurz Geschäftsführer des alternativen Snowboard-Verbands ISF. Der ging Pleite. Denn die Szene lehnte die traditionellen Regeln ab. Snowboarder haben einen Freiheitsdrang, sie wollten sich nicht gängeln lassen, sie sehen sich als Künstler, die genießen und Spaß haben. Das ist noch immer ihr Problem. Es gab genügend Stars, die zwar viel Geld verdienen wollten, sich aber nicht von Sponsorenterminen lenken lassen wollten.

Am schlimmsten war der Streit zwischen der ISF und dem Internationalen Skiverband Fis, der eine eigene Snowboard-Weltcupserie gegründet hatte. „Der Erfolg war, dass es für die Medien keine überschaubare Wettkampfform gab“, sagt Scheitenberger. Die Snowboarder verbissen sich in Grabenkämpfen. Der Vermarkter EM.TV, finanziell gebeutelt, gab der Fis die WM-Rechte zurück. Und der Elektronikkonzern Motorola zog sich als Sponsor vom Konkurrenzverband ISF zurück. Bald darauf ging die ISF Pleite. „Die Fis nützte diese Chance, um den Stellenwert von Snowboarden zurückzufahren“, sagt Scheitenberger.

Denn Snowboarden ist im Fernsehen nur schwer zu verkaufen. „Die Zuschauer haben die Live-Übertragungen nicht angenommen“, sagt Gruner. Weltcup-Rennen hätten einfach zu viele Längen. „Es kommt zu großen Zeitverzögerungen.“ Bei einem Sturz muss aufwändig alles wieder hergerichtet werden. Diese Pausen wartet keiner ab, ohne wegzuzappen. „Deshalb übertragen wir Snowboarden nur als Teil von Magazinen“, sagt die Eurosport-Mitarbeiterin. So lassen sich die spektakulärsten Szenen zusammenschneiden.

Diese Szenen haben durchaus ihr Publikum. „Snowboarden ist ein Trendsport“, sagt Gruner. „Es gibt viele junge Leute, die gar nicht mehr Skifahren können, sondern nur noch boarden. Deshalb werden wir auch Snowboard nie ganz aus dem Programm nehmen.“ Eurosport sendet sogar Bilder von allen Weltcup-Rennen. „Und wir erhalten Anfragen von Werbekunden, die im Umfeld von Snowboarden buchen.“ Aber auch Eurosport weiß natürlich, was wirklich angesagt ist. Gruner sagt: „Langlauf ist total in. Deshalb haben wir die Sendezeit über Langlauf gegenüber dem Vorjahr verdoppelt.“

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