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Underdog. Adrien Pagerie und Drittligist Les Herbiers spielen eigentlich im kleinen Stadion "Massabielle". Das Größte daran ist die 32 Meter hohe Eiffelturm-Kopie im Hintergrund.

© Damien Meyer/AFP

Pokalfinale in Frankreich: Ein Drittligist will Paris Saint-Germain ärgern

Das Stadion von VF Les Herbiers fasst nur 5000 Plätze, trotzdem steht der Klub im Pokalfinale gegen Paris. Einen Sensationssieg würde man auch in Leipzig bejubeln.

Wenn der französische Fußball-Drittligist VF Les Herbiers am heutigen Dienstagabend (21.05 Uhr/DAZN) im Pokalfinale auf Paris St. Germain trifft, werden auch in Deutschland die Daumen gedrückt. Genauer gesagt in Leipzig. Denn Les Herbiers, 16 000 Einwohner groß, 80 Kilometer von Nantes und der Atlantikküste entfernt, pflegt eine Stadtteilpartnerschaft mit dem Leipziger Ortsteil Liebertwolkwitz. Auch hier ist die Pokalsensation des kleinen französischen Vereins Thema an diesem Dienstag. Vom Leipziger Referat für internationale Beziehungen gab es sogar ein Glückwunschschreiben für das Endspiel. „Wir sind in Kontakt mit unseren Freunden, seit dem gewonnenen Halbfinale steht die Region da drüben Kopf“, weiß Anke Wolf vom Freundschaftsverein „Liebertwolkwitz – Pays des Herbiers“. Und deshalb fiebert man heute in Leipzig nicht mit Lok, Chemie oder RB – sondern mit Les Herbiers.

Hört man Les Herbiers, denkt man natürlich nicht sofort an einen Fußballverein, der im Stande wäre, ein Pokalfinale zu spielen. Doch im Pokal ist ja bekanntermaßen alles möglich. Zwei Vergleiche reichen aus, um die Ausgangslage vor dem Pokalfinale mit den millionenschweren Pariser Stars um den immer noch verletzten Neymar, Kilian Mbappé & Co. klarzustellen: Die „Roten Teufel“ aus Les Herbiers sind 2015 erstmals der vierten Liga entkommen und arbeiten mit einem Etat von zwei Millionen Euro. Der könnte das Gehalt Neymars für schlappe 16 Tage (!) stemmen. Und: Der Drittligist, der aktuell nur zwei Punkte über einem Abstiegsplatz steht, würde im schlimmsten Fall nächstes Jahr wieder in einer Liga mit der zweiten Mannschaft von Paris spielen. Mehr David gegen Goliath geht also nicht.

2012 stand der letzte Drittligist im Pokalfinale

Weil das heimische Stade Massabielle nur 5000 Menschen Platz bietet, musste das Halbfinale ins WM-Stadion von Nantes verlegt werden. Den 2:0-Sieg gegen den Ligakonkurrenten FC Chambly bestaunten dabei 35 000 Zuschauer. Heute Abend im Stade de France werden es nochmal mehr als doppelt so viele sein. In den Vorrunden hatte Les Herbiers auch schon namhaftere Gegner ausgeschaltet, etwa die beiden ehemaligen Champions-League-Teilnehmer und aktuellen Zweitligisten RC Lens und AJ Auxerre. Nun spielen die Teufel um den ersten Titel der Vereinsgeschichte.

PSG, das über ein Budget von rund 540 Millionen Euro verfügt, spielt dagegen um den dritten Titel dieser Spielzeit. Meisterschaft und Ligapokal haben die Hauptstädter bereits gewonnen. Seit Januar 2014 hat PSG auch keines seiner 41 Pokalspiele mehr verloren. Es bedarf also schon mehr als eines mittleren Wunders, wenn diese beeindruckende Serie ausgerechnet von einem abstiegsbedrohten Drittligisten beendet werden soll.

In Leipzig wird man trotzdem oder gerade deswegen ein paar Stoßgebete gen Himmel schicken. „Im Dezember sind wir das nächste Mal in Les Herbiers und nächstes Jahr im Mai feiern wir den 20. Jahrestag unserer Partnerschaft“, sagt Anke Wolf. So Fußballgott will, dürfen die Liebertwolkwitzer dann ja vielleicht auch mal den Pokal anfassen. Der letzte Drittligist, der das Finale im französischen Pokal erreichte, war US Quevilly im Jahr 2012. Er unterlag Olympique Lyon nur mit 0:1.

Steven Wiesner, Henrik Hoelzmann

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