zum Hauptinhalt
Politik vor dem Spiel: "Polens Präsident in Russland ermordet - 10. April 2010" und "Willkommen in Polen. Polen in Solidarität mit den Russen gegen KGB und Putin. Anna Politkovskaya - wir erinnern uns!" steht auf Transparenten am Präsidentenpalast in der polnischen Hauptstadt. Kaczynski war mit 95 weiteren Personen beim Absturz seines Dienstflugzeugs am 10. April 2010 im weissrussischen Smolensk verunglückt.

© dapd

Polen - Russland: Unruhe vor dem Sturm

Das Duell der Erzrivalen: In Warschau treffen Polen und Russland aufeinander. Die Stimmung ist angespannt - sowohl politisch als auch sportlich. Auf den deutschen Schiedsrichter dürfte viel Arbeit zukommen.

Den Start in die Europameisterschaft im eigenen Land hatten sich die Polen sicherlich anders vorgestellt. Gegen Auftaktgegner Griechenland, ein Team das – vorsichtig ausgedrückt – von Experten nicht unbedingt zum erweiterten Favoritenkreis gezählt wird, reichte es „nur“ zu einem 1:1-Unentschieden. Weil Russland zudem die Tschechen mit 4:1 an die Wand zauberte, droht dem Co-Gastgeber bereits ein Horrorszenario: das Vorrunden-Aus.

Polens Nationaltrainer Franciszek Smuda sieht trotzdem keinen großen Grund zur Beunruhigung, seiner Meinung nach haben sich die Voraussetzungen vor dem Russland-Spiel eher verbessert als verschlechtert. „Vor dem Eröffnungsspiel fühlte ich mich, als hätte ich das Gewicht von 40 Millionen Menschen auf meinen Schultern“, sagt Smuda, „jetzt ist das Spiel vorbei, und der Druck ist von uns gewichen.“ Der Mainzer Eugen Polanski schlägt in dieselbe Kerbe: „Die Russen sind Favorit – darin liegt unsere Chance.“ Worin soll man sich auch sonst flüchten, wenn nicht in Optimismus? Fakt ist: Bei einer Niederlage gegen Russland rückt ein Vorrunden-Aus schon bedrohlich nahe, die Polen werden alles daran setzen, das zu verhindern. Nicht nur aufgrund der sportlichen Drucksituation, sondern auch wegen der politischen Spannungen zwischen beiden Erzrivalen dürfte es in Warschau einen heißen Tanz geben. Gut möglich also, dass auf den deutschen Schiedsrichter Wolfgang Stark viel Arbeit zukommen wird.

Die Polen müssen auf ihren Stammkeeper Wojciech Szczesny verzichten, der nach seiner Notbremse gegen Griechenlands Dimitrios Salpingidis vom Platz geflogen war und dafür von der Uefa für ein Spiel gesperrt wurde. Eigentlich ein Drama, doch in diesem Fall war Szczesnys rüder Einsatz die Grundlage für die Geburtstunde eines neuen Helden. Ersatzkeeper Przemyslaw Tyton parierte den Elfmeter von Georgios Karagounis und avancierte zur polnischen Version von Oliver Kahn, zum „Torwart-Tyton“. So überraschend Tytons Heldentat auch war, so sinnbildlich steht sie für die Ausgangslage der „Bialo-czerwoni“. Sie ist schlecht, aber trotzdem ist immer noch alles möglich.

Ansonsten wird Smuda auf die Elf des Auftaktmatches vertrauen, auch, weil der polnische Kader nicht allzu viele Alternativen bietet. Viele Hoffnungen werden wieder auf Stürmer Robert Lewandowski ruhen, der sein Land mit dem 1:0-Führungstor gegen Griechenland kurzzeitig in EM-Euphorie versetzt hatte, ehe die Polen in der zweiten Halbzeit einbrachen. „Wir werden so spielen wie in der ersten Halbzeit gegen Griechenland“, gibt sich der Dortmunder kämpferisch. Mittelfeldspieler Kamil Grosicky geht sogar noch einen Schritt weiter: „Wir alle wissen, was dieses Spiel gegen die Russen bedeutet“, sagte er, „du musst dir auf dem Platz die Eingeweide rausreißen.“ (Tsp)

Zur Startseite