zum Hauptinhalt
Beenhakker

© dpa

Polnische Medienhetze: Kritik an Presse: "Verrückte, schmutzige Leute"

Sie hat hohe Wellen geschlagen, die Schmierenkampagne einiger polnischer Zeitungen im Vorfeld des EM-Länderspiels zwischen Deutschland und Polen. Und sie geht weiter. Polens Nationaltrainer Beenhakker entschuldigt sich derweil dafür - einer seiner Spieler vergreift sich jedoch im Vokabular.

Mit einer öffentlichen Entschuldigung hat Leo Beenhakker auf die üble Hetzkampagne polnischer Medien reagiert, die den EM-Auftakt gegen Deutschland überschattet. "Das war eine schreckliche Sache", sagte Polens Nationalcoach am Donnerstag in Bad Waltersdorf. "Verrückte, schmutzige und kranke Leute" seien für die Berichterstattung der Zeitung "Super Express" verantwortlich gewesen. Auch die Europäische Fußball-Union (Uefa) und einige Politiker verurteilten den martialischen Zeitungs-"Krieg". Zuvor hatte Marek Saganowski vor der WM-Revanche am Sonntag (20.45 Uhr/live in ZDF) zusätzlich Öl ins Feuer gegossen. "Dieser deutsche Panzer stört mich nicht. Ich werde gern mit ihm zusammenstoßen", wurde der 29-jährige Angreifer in der Zeitung "Dziennik" zitiert.

Welch große Wellen der Bericht schlug, zeigte sich auf der Pressekonferenz im EM-Quartier in Bad Waltersdorf. Der sichtlich gezeichnete Beenhakker begann seine Ausführungen mit einer Entschuldigung "im Namen des gesamten Teams". "Wir wollen uns bei den Deutschen offiziell dafür entschuldigen, was gestern auf der Titelseite einer polnischen Zeitung stand", sagte der Niederländer. "Super Express" hatte eine Fotomontage abgedruckt, auf der Beenhakker die abgetrennten Köpfe von DFB-Kapitän Michael Ballack und Bundestrainer Joachim Löw in den Händen hält. Die Überschrift lautete: "Leo, bring uns ihre Köpfe". Am Donnerstag legte das Blatt nochmals nach: "Deutsche, wir werden Euch schlagen - wie immer", prangte auf dem Titel.

"Idiotische Geschmacklosigkeit"

Während Beenhakker versuchte, seine Profis ("Sie haben es gesehen") trotz des geschmacklosen Vorfalls auf die sportlichen Aspekte zu fokussieren, ließen die Reaktionen nicht lange auf sich warten. Der polnische Botschafter in Deutschland, Marek Prawda, verurteilte in der "Welt" die Fotomontage als "idiotische Geschmacklosigkeit". So etwas sei völlig unnötig "und sollte eigentlich ignoriert werden." Zumindest im polnischen Team spiele die Kampagne "keine Rolle", sagte der Wolfsburger Jacek Krzynowek: "Wir müssen das von uns fernhalten." Bundestrainer Joachim Löw, der Beenhakker sehr schätzt, reagierte besonnen und sieht darin eher einen Einzelfall. "Ich glaube nicht, dass das repräsentativ ist, was da in einer Zeitung wohl geschrieben worden ist", sagte Löw.

Der Vorsitzende des Bundestags-Sportausschusses, Peter Danckert, bezeichnete den "Skandal" als "absolut unterirdisch". Der "Bild"-Zeitung sagte der SPD-Politiker: "Ich hoffe, dass die polnische Regierung angemessen darauf reagiert." Uefa-Sprecher Robert Faulkner kritisierte die Kampagne ebenfalls. "Das ist sicherlich nicht etwas, was wir begrüßen. Wir meinen, man sollte über Fußball reden. Wir wussten seit der Auslosung, dass diese Begegnung eine gewisse Brisanz mit sich bringt. Wir hoffen aber, dass das Geschehen auf dem Platz im Mittelpunkt stehen wird", sagte er in Basel.

Und auch noch Verschwörungstheorien

Doch zumindest für "Super Express" scheint der sportliche Aspekt der Partie gegen die DFB-Auswahl zweitrangig zu sein. Mit Verweis auf die Schlacht bei Tannenberg 1410 und das Jahr 1945 führte das Blatt historische Gründe an, warum Polen gegen Deutschland siegen soll. Chefredakteur Slawomir Jastrzebowski verteidigte in der "Polska" die üble Montage: "Das sieht brutal aus, ist aber nur eine symbolische Darstellung der Erwartungen unserer Leser." Zudem hätten nicht die Polen, sondern die Deutschen diesen Schlagabtausch begonnen.

Auch "Fakt" machte bei der antideutschen Hetze mit. Das Boulevardblatt warnte vor einer deutsch-österreichischen Verschwörung auf Kosten Polens: "Unsere Gegner machen keinen Hehl daraus, dass sie sich auf das Ergebnis ihres Spiel einigen könnten." Wenn Österreich im Spiel gegen Polen einen Sieg brauche und Deutschland bereits die Vorrunde in der Tasche habe, würde Deutschland die Partie einfach verkaufen, spekulierte die Zeitung.

Saganowski vergriff sich ebenfalls im Ton. "Dieser deutsche Panzer hat einen Dieselmotor. Er braucht viel Anlaufzeit. Deshalb ist es ideal, dass wir schon das erste Spiel gegen Deutschland spielen", zitierte ihn "Dziennik". Eines immerhin hatte auch der Profi des FC Southampton registriert: "Vergessen wir nicht, dass es am Sonntag nicht zu einem Krieg, sondern zu einem Sportwettkampf kommen wird."

Benjamin Haller, Jacek Lepiarz[dpa]

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false