zum Hauptinhalt

Sport: Portugal - Frankreich: Benkö, Haider und die EU-Sanktionen (Kommentar)

Was haben wir Deutschen und die Portugiesen gemeinsam? Klar, wir sind zusammen in der EU.

Was haben wir Deutschen und die Portugiesen gemeinsam? Klar, wir sind zusammen in der EU. Doch seit Mittwochabend haben wir auch ein gemeinsames Trauma: das Linienrichter-Trauma. Portugal liegt in tiefer Trauer, seit sein EM-Team ausgeschieden ist. Und das nur, weil ein slowakischer Linienrichter (der sich heutzutage offiziell Schiedsrichter-Assistent nennen darf, bei uns aber weiter Linienrichter heißen wird) ein klitzekleines Handspiel gesehen und beim Schiedsrichter gepetzt hat.

Ein Linienrichter als entscheidender Mann. Kennen wir doch, Stichwort Wembley-Tor. Der wackere Schweizer Unparteiische Gottfried Dienst hatte im Endspiel zwischen England und Deutschland 1966 nicht erkennen können, ob nach Geoff Hursts von der Unterkante der Latte abgepralltem Schuss der Ball vor oder hinter der Linie des von Hans Tilkowski gehüteten deutschen Tores aufsprang. Aber ein Wichtigtuer an der Linie, der Russe Tofik Bachramow, überzeugte Dienst davon, dass der Ball drin war. Natürlich ein Russe. Bachramow setzte den Kalten Krieg damals mit einer anderen Waffe, seinem gelben Fähnchen, fort und wurde für eine Zeit lang zum bekanntesten Russen in der Bundesrepublik nach Lenin. Portugals Bachramow heißt nun Igor Sramka, Portugals Dienst heißt Günter Benkö. Als Schiedsrichter vertritt dieser im Alleingang Österreich, nachdem sich die Fußballer ja nach einer unglücklichen 0:9-Niederlage gegen Spanien nicht für die EM hatten qualifizieren können.

Englische (!) Wissenschaftler haben inzwischen zweifelsfrei nachgewiesen, dass das dritte Tor im Wembley-Stadion damals kein regulärer Treffer war. Ein schwacher Trost. Derlei groß angelegte Untersuchungen benötigt man beim Handelfmeter gegen Portugal nicht. Abel Xavier, der blondierte Abwehrriese, war mit der Hand klar am Ball. Klären lässt sich jedoch kaum, ob absichtlich oder nicht. Benkö, da ist man sich in Portugal sicher, hätte das nicht ahnden müssen. Warum nur ließ er nicht einfach weiterspielen? Was hat ihn getrieben?

Verdächtig ist indes der Jubel, der Österreich erfüllt hat. Sie feiern diesmal nicht den Anton, sondern ihren Günter, der bei seinem Einsatz in Brüssel alles richtig gemacht haben soll. Denn hinter der viel diskutierten Entscheidung steckt in Wirklichkeit ein hochbrisantes Politikum: In Kürze übernimmt Frankreich von den Portugiesen den EU-Ratsvorsitz. Nichts hat Portugal während seiner Ägide dafür getan, die EU-Sanktionen gegen Österreich aufzuheben. Doch bei dieser Vorleistung des Günter Benkö können die Franzosen - Haider hin, Haider her - nun gar nicht mehr anders. Dieser raffinierte Doppelpass wird gelingen. Und da behaupte noch einer, Sport habe mit Politik nichts zu tun.

Sebastian Arlt

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false