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guus hiddink

© dpa

Premier League: Hiddink soll neuer Chelsea-Trainer werden

Am Tag eins nach der kurzen Ära Scolari ist beim FC Chelsea die Diskussion um einen neuen "Feuerwehrmann" entbrannt - und alles deutet darauf hin, dass Guus Hiddink den wankenden Fußball-Riesen retten soll.

Wunschkandidat Guus Hiddink, guter Bekannter von Klub-Besitzer Roman Abramowitsch erhielt am Dienstag vom russischen Fußball-Verband RFU die Erlaubnis, über ein bis zum Saisonende befristetes Engagement in London zu verhandeln. Das teilte der Premier-League-Klub, der am Vortag Luiz Felipe Scolari entlassen hatte, am Dienstag auf seiner Homepage mit. Voraussetzung einer möglichen Vereinbarung sei, dass Hiddink zugleich Russlands Nationalcoach bleibe. Und der Niederländer ist zu dieser Doppel-Funktion bereit: "Wenn ich kann, dann würde ich gerne helfen", wurde der 60-Jährige von der Nachrichtenagentur AP zitiert.

Andere Trainer sind schon aus dem Rennen

"Dies ist eine ungewöhnliche Situation. Wenn ein anderer Klub bei mir angefragt hätte, hätte ich sofort 'Nein' gesagt", so Hiddink weiter. Bei Chelsea liege der Fall anders. "Ich habe gute Kontakte zum Klub-Besitzer." Der Verein des deutschen Nationalspielers Michael Ballack bedankte sich derweil beim russischen Verband für die "gute Kooperation". Damit scheinen die am Dienstag auch als potenzielle Nachfolger gehandelten Trainer Frank Rijkaard (früher FC Barcelona), Roberto Mancini (früher Inter Mailand), Carlo Ancelotti (AC Mailand) oder gar die Scolari-Vorgänger Avram Grant (arbeitslos) und José Mourinho (Inter Mailand) schon aus dem Rennen zu sein.

Den Scolari-Rauswurf hatte Abramowitsch laut britischen Medien selbst vorgenommen, weil er sein "Projekt Chelsea" in Gefahr sah. Scolari, der mit dem Gehalt für die restliche Laufzeit seines Vertrag in Höhe von rund 7,5 Millionen Pfund (8,6 Millionen Euro) abgefunden werden soll, nahm die erst zweite Entlassung in seiner 27-jährigen Trainerkarriere gelassen und bedankte sich, dass er im englischen Fußball arbeiten durfte. Dezent wies der brasilianische Weltmeister-Coach von 2002 darauf hin, dass die "Blues" in der Champions League, im FA-Cup und trotz ihrer sieben Punkte Rückstand auch in der Premier League noch gute Erfolgsaussichten haben. "Ich wünsche Chelsea viel Glück in den drei Wettbewerben, in denen sie um den Titel spielen", so der Brasilianer, der noch mindestens bis zum Sommer in London bleiben will und wohl auf einen neuen Job im Fußball-Mutterland hofft.

Ballack gibt keinen Kommentar

Ballack äußerte sich wenige Stunden vor Scolaris Entlassung im Kreis der deutschen Nationalmannschaft nur allgemein zur Lage bei seinem Klub. "Wir haben mit Chelsea ein bisschen den Anschluss verloren und müssen uns zurückkämpfen, Schritt für Schritt", sagte Ballack am Montagnachmittag. Als am Abend die Trennung von Scolari bekanntwurde, ließ er über die Presseabteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) erklären, dass er dazu keinen Kommentar abgeben wolle.

Sir Alex Ferguson von Meister und Tabellenführer Manchester United hingegen zeigte sich geschockt von der Entlassung des Kollegen. "Ich bin sehr überrascht. Es ist ein Zeichen der Zeit. Niemand hat mehr Geduld in der heutigen Welt", monierte Ferguson, der der britischen Presse eine Mitschuld gab. "Jedes Mal, wenn jemand ein schlechtes Ergebnis hat, wird das sofort als Sensation behandelt."

Chelsea-Trainer - kein einfacher Job

Die kritisierten Medien schossen sich auf Klub und Spieler der auf Rang vier abgerutschten "Blues" ein. Eine "richtungslose Farce", inszeniert vom russischen Eigner, erkannte das Boulevardblatt "Daily Mail" bei Chelsea, das seit Abramowitsch' Übernahme 2003 in Claudio Ranieri, Mourinho, Grant und Scolari vier Trainer verschlissen hat. "Gefordert ist offenbar, dass man Meister wird und dabei wie ein Seelöwe den Ball auf der Nase balanciert", schrieb das Blatt zu den schwer erfüllbaren Abramowitsch-Wünschen.

Der seriösere "Daily Telegraph", der sich einen Seitenhieb auf Ballack ("der erste Import aus dem BMW-Land mit nur einem Gang") nicht verkniff, sah eher die Probleme im Team und forderte einen generellen Neuanfang: "Ebenso dringend wie einen neuen Trainer braucht Chelsea einen neuen Ansatz in allen Teilen des Klubs, von der Kabine bis zum Vorstandszimmer."

Henning Hoff, Thomas Prüfer[dpa]

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