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Sport: Probiers mal mit Pessimismus

Bayer Leverkusen weiß nach der 1:4- Niederlage in Hamburg nicht mehr weiter – und Trainer Hörster gerät immer stärker in die Kritik

Hamburg (Tsp). Sie hatten sich wieder stark gefühlt. Sie wollten mit breiter Brust in Hamburg auftreten. Und vor allem: Sie wollten punkten, manche sprachen in diesem Zusammenhang ganz verwegen nicht nur von einem Punkt, den sie mitnehmen wollten, sondern gleich von drei Punkten war da die Rede. Am Ende holte Bayer Leverkusen aber die Realität wieder ein. Die Mannschaft hatte ihre Fähigkeiten nach dem 3:1Heimsieg über Arminia Bielefeld vor acht Tagen offenbar maßlos überschätzt. Das böse Erwachen folgte auf dem Fuße. Nur einen Spieltag später stehen die Leverkusener nach ihrer 1:4-Pleite beim Hamburger SV wieder mit einem Bein in der Zweiten Liga.

„Es fehlt das Selbstbewusstsein“, sagt Bayers Sportdirektor Jürgen Kohler. Aber nicht nur das. Bei den Leverkusener Profis ist auch gar kein Aufbäumen zu spüren, keine Spur mehr von aufopferungsvollem Kampf, die Gegenwehr in Hamburg fiel äußerst lasch aus. Hinzu kommen Mängel bei der taktischen Organisation auf dem Spielfeld. „Es herrschte ein völliges Durcheinander in unserer Abwehr, es wird auf dem Platz zu wenig geredet“, sagt Trainer Thomas Hörster.

Und Hörster selbst wird auch immer mehr zu einem Problemfall für Bayer. Was er da nach der Niederlage in Hamburg von sich gab, muss einer ohnehin verunsicherten Mannschaft jedes Selbstwertgefühl nehmen. „Nach der Leistung heute, muss ich sagen, habe ich aufgegeben. Es fehlte einfach allen an Allem“, sagte Hörster. Leverkusen hat noch zwei Spiele bis zum Saisonschluss zu bestreiten, zunächst daheim gegen München 1860, dann beim 1. FC Nürnberg. Das der Trainer da jetzt schon so eine Art Abgesang anstimmt, sorgt für Verwunderung. Der ehemalige Nationalspieler Paul Breitner sagte im Fernsehsender Sat.1: „Hörster ist überfordert, so einen Trainer kann man nicht mehr mitziehen.“ Breitners Empfehlung an Reiner Calmund, den Manager: „Da soll der ,Calli’ das lieber selbst machen, als so einen Trainer durchzuschleppen.“

Elf Nationalspieler aus sechs Ländern hatte Bayer Leverkusen in Hamburg aufgeboten. Lucio war noch der einzige, der dem HSV echten Widerstand entgegensetzte. Der Rest fügte sich. „Uns fehlt die innere Überzeugung“, sagte Jürgen Kohler. Geradezu symptomatisch für die frustierende Situation bei Bayer war der Kurzauftritt von Bernd Schneider. Der Nationalspieler wurde nach der Halbzeit eingewechselt. Er sollte nach überstandener Wadenverletzung Leverkusens Profis mitreißen, damit sie gemeinsam den frühen 0:1-Rückstand durch das Tor des Hamburgers Barbarez wettmachen. Doch sieben Minuten nach seiner Einwechslung ging Schneider wieder vom Feld. Erst hatte er in Höhe der Mittellinie Bernd Hollerbach gefoult, danach kam es zu Handgreiflichkeiten, in deren Verlauf Schiedsrichter Hellmut Krug Schneider und HSV-Verteidiger Tomas Ujfalusi als Sünder herauspickte, und ihnen die Rote Karte vor die Nase hielt. „Vielleicht hat sich in dieser Situation Schneiders ganze Unzufriedenheit gelöst“, sagte Thomas Hörster. Und dann schlug der Trainer von Bayer Leverkusen gleich wieder seine typisch resignativen Töne an. „Sein Fehlen ist für uns gar nicht wettzumachen.“ Und wenn man Hörster so reden hört, dann kommen einem schon Bedenken, ob Bayer denn gegen 1860 München und den 1. FC Nürnberg überhaupt noch antreten will. Wenn doch sowieso alles so ausweglos ist. Doch Hörster machte am Ende auch noch eine Rechnung auf, wie es vielleicht doch noch mit der Abstiegsverhinderung klappen könnte. „Wir müssen jetzt die beiden letzten Spiele gewinnen, was dann ist, werden wir sehen.“ Also doch noch Hoffnung?

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