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Die Proteste richten sich vor allem gegen den DFB.

© dpa

Update

Protestbrief an den DFB: Ultras drohen mit Spielabbrüchen – auch bei Hertha

Der Bundesliga-Spieltag am Wochenende könnte wieder von Fanprotesten bestimmt werden. Kommt es auch beim Spiel von Hertha am Samstag zum Eklat?

Von Katrin Schulze

So viel ist jetzt schon klar: Auch an diesem Samstag wird es in den deutschen Bundesliga-Stadien nicht nur um Fußball gehen. Darauf deutet ein Protestbrief hin, den der Zusammenschluss „Fanszenen Deutschland“ am Freitag veröffentlicht hat. Er liest sich wie die nächste Eskalationsstufe im Machtkampf der Fans mit dem Deutschen Fußball-Bund (DFB).

„Wir Fans werden die Praxis vom letzten Spieltag nicht einfach so hinnehmen und im Zweifel weiter Unterbrechungen und auch Abbrüche in Kauf nehmen“, kündigten die Ultras darin an. Gemeint sind die Unterbrechungen von Bundesliga-Spielen, in denen Anhänger mit Schmähplakaten gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp und den DFB protestiert hatten.

Es geht um Kollektivstrafen

Offenbar haben sich Fanszenen mehrerer Vereine zusammengetan, darunter nach Informationen des Tagesspiegels unter anderem jene aus Stuttgart, Köln, Bayern, Hannover, Dresden – und die von Hertha BSC und dem 1. FC Union.

Hertha spielt am Samstagnachmittag gegen Werder Bremen. Und auch der „Förderkreis Ostkurve“, der Dachverband der aktiven Fans, hat den Protestbrief auf seiner Website verbreitet. Die Ultra-Gruppierungen von Hertha tragen das Schreiben inhaltlich mit. Auch bei den „Hammer Hearts“ und dem „Wuhlesyndikat“, den Ultra-Gruppierungen von Union, ist der Brief auf den jeweiligen Webseiten zu finden. Der Bundesliga-Aufsteiger spielt am Samstag in Freiburg.

Dabei sah es nach einem Dialog am Donnerstag zunächst noch nach einer ersten Annäherung zwischen DFB, DFL und Fanvertretern aus. Doch das Gespräch fand mit der Interessensgruppe „Unsere Kurve“ statt – und nicht mit den Ultra-Gruppierungen.

„Unsere Kurve“ ist ein Zusammenschluss gemäßigterer Anhänger, die meist in vereinsinternen Fan-Dachverbänden organisiert sind. Die Ultras zeichnen sich dadurch aus, weitestgehend selbstorganisiert zu sein. Beide Fraktionen trennt neben ihrem Auftreten im Stadion – die Ultras treten geschlossen als lautstarke Gruppen auf, während die Fan-Dachverbände ihre Arbeit vor allem im administrativen Bereich verüben – eine Grundhaltung gegenüber den Verbänden, vor allem gegenüber dem DFB.

Haltung der Ultras hat Geschichte

Die Ultras fordern in ihrem Protestbrief vom Deutschen Fußball-Bund nun erneut die Abschaffung von Kollektivstrafen und die „sofortige Aufhebung der gegen Borussia Dortmund ausgesprochenen Zuschauerausschlüsse“, heißt es in der Stellungnahme vom Freitag. Das DFB-Sportgericht hatte die BVB-Fans wegen fortgesetzter Schmäh- und Hassplakate gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp für die nächsten zwei Jahre von den Bundesligaspielen in Sinsheim ausgeschlossen.

Während „Unsere Kurve“ am Donnerstagabend mit den Verbänden über Möglichkeiten der Deeskalation sprach und inhaltlichen Kooperationen nicht verschlossen gegenüber steht, fällt die Haltung der Ultras im offenen Brief gegenüber dem DFB gewohnt drastisch aus.

Der Protest richtet sich gegen den DFB und Mäzen Dietmar Hopp.
Der Protest richtet sich gegen den DFB und Mäzen Dietmar Hopp.

© Sascha Schuermann/AFP

Diese Haltung hat Geschichte: In der Vergangenheit brach der DFB immer wieder Gespräche mit den Ultra-Szenen ab, die Reaktionen auf die „zugespitzte Wortwahl, mit der wir unsere Kritik äußern“, haben die Ultras ebenfalls verstört. Für sie gelten Banner, die in ihrer Tonalität auch mal grenzwertig sind, als Mittel zum Zweck, um Themen wie die wiedereingeführte Kollektivstrafe gegen die Fans von Borussia Dortmund in den Mittelpunkt zu rücken: „Dass es keine andere zielführende Möglichkeit gibt, haben die von uns geführten Gespräche mit den Verbänden gezeigt, die letztlich nicht mehr waren als ein großer Scheindialog.“

Beim DFB habe sich nichts verändert

Die Ultras kritisieren, dass es dem DFB zuvor zu wenig um antirassistisches Engagement oder den Kampf gegen Diskriminierung gegangen sei. „Sich gegenseitig übertreffend fabulierten Dietmar Hopp, Karl-Heinz Rummenigge und der DFB selbst, neben abgehalfterten D-Prominenten des Fußballs über Würde, Moral und Respekt“, heißt es in dem Brief. Das wahre hässliche Gesicht des Fußballs, von dem Rummenigge nach den Protesten sprach, seien nicht die Fans, sondern etwa Trainingslager der Bayern in Katar, einem Land, welches Menschenrechte und somit die oben erwähnten Werte mit Füßen tritt.

Neben der Wiedereinführung von Kollektivstrafen werfen die Fan- und Ultragruppen dem DFB zudem Zensur vor, weil es zuletzt auch wegen Plakaten ohne beleidigenden Inhalt zu Spielunterbrechungen gekommen war. Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die tatsächliche Schande der vergangenen Wochen liegt im Verhalten der Verbände, allen voran des DFB. Zuerst wurden die öffentlichkeitswirksam ausgesetzten Kollektivstrafen wieder eingeführt.“ Unter dem neuen Präsidenten Fritz Keller habe sich „nichts zum Positiven verändert“. Dem DFB wird vorgeworfen, kein „ernsthaftes Interesse an einem Dialog“ zu haben.

Tatsächlich war bei dem Gespräch der Fangruppierungen mit DFL-Boss Christian Seifert und DFB-Generalsekretär Friedrich Curtius am Donnerstag in Frankfurt am Main ein anderes Signal erwartet worden. Am Abend hieß es noch, die Verbände hätten angekündigt, „für den kommenden Spieltag für höhere Handlungssicherheit sorgen zu wollen, zum Beispiel durch eine bessere Information der Schiedsrichter. Aber auch der Öffentlichkeit.“ Doch da waren die Ultras noch nicht im Spiel.

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