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Radsport: ARD zahlte Ullrich 195.000 Euro jährlich

Die ARD bezeichnet ihre Beichterstattung gerne als unabhängig und objektiv. Laut einem Zeitungsbericht wurden dem Radprofi Jan Ullrich von der ARD 195.000 Euro pro Jahr auf sein Schweizer Konto überwiesen.

München - Die ARD hat dem unter Dopingverdacht stehenden Radprofi Jan Ullrich nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" seit 1999 eine sechsstellige Summe pro Jahr gezahlt. Eine Ausnahme bilde lediglich das Jahr 2002. Das gehe aus einem Vertrag zwischen Ullrich und dem öffentlich-rechtlichen Sender hervor, berichtet das Blatt. Demnach ergibt sich aus dem letzten Kontrakt, der auf den 1. Januar 2003 rückdatiert ist, dass der Sieger der Tour de France von 1997 am Ende jährlich 195.000 Euro erhielt. "Das Ziel bestand darin, besondere Berichterstattungsmöglichkeiten über einen der prominentesten Sportler Deutschlands zu erhalten", teilte ARD-Programmdirektor Günter Struve mit. Der Vertrag sei zum Jahresende 2006 gekündigt worden.

Ullrich sei "für außergewöhnliche Aufwände wie ein tägliches 'Tagebuch' während der Tour de France, Auftritte in ARD-Unterhaltungssendungen oder Drehtage für Reportagen honoriert" worden, sagte Struve weiter. Den beiden Zeitungen zufolge setzte die gebührenfinanzierte ARD die Zahlungen an den einzigen deutschen Tour-Sieger im Jahr 2002 aus, als Ullrich das erste Mal unter Dopingverdacht geriet. In dem Vertrag gab es einen Passus, dass bei erwiesenem Doping der Kontrakt gekündigt wird. Im Sommer 2003 wurde dann ein neuer Vertrag, rückdatiert auf den 1. Januar des selben Jahres, unterzeichnet. Die Zusammenarbeit mit Ullrich wurde laut Struve von der Sportrechte-Agentur Sport A "auf Beschluss der ARD-Intendanten" fortgesetzt. .

Bonuszahlung bei Toursieg

Dem "SZ"-Bericht zufolge musste das Geld vierteljährlich in einer Tranche von 48.750 Euro auf ein Schweizer Konto Ullrichs überwiesen werden. Ausdrücklich werde in der Abmachung darauf hingewiesen, dass in der Summe auch die von dem in der Schweiz lebenden Radprofi dort zu zahlenden Steuern eingeschlossen seien. Aus den Vertragdetails gehe zudem hervor, dass Ullrich für einen Etappensieg bei der Tour de France zusätzlich 20.000 Euro von der ARD bekam. Für einen Tour-Sieg waren noch einmal 65.000 Euro vereinbart. Für einen Erfolg bei der Deutschland-Tour standen Ullrich 40.000 Euro zu, ein Podestplatz brachte 20.000 Euro ein. Bei einem Nicht-Antreten bei den beiden Rundfahrten waren Abzüge von 40.000 Euro bzw. 25.000 Euro fällig.

Laut "SZ" wurde das erste Vertragswerk, das vom Saarländischen Rundfunk (SR), bei der ARD für den Radsport zuständig, vereinbart wurde, 1999 unterzeichnet. Als Ullrich 2002 das erste Mal unter Dopingverdacht geriet, setzte die ARD die Zahlungen an den Radsportler aus. In dem Vertrag gab es einen Passus, dass bei erwiesenem Doping der Kontrakt gekündigt wird. Laut "SZ" wurde im Sommer 2003 dann ein neuer Vertrag mit Ullrich geschlossen. Beschlossen worden sei die neuerliche Verbindung von den ARD-Intendanten im Februar des selben Jahres.

Vertrag war Sportchefs bekannt

Dem Bericht nach erklärte ein Senderchef auf Nachfrage, er habe "von so was noch nie gehört - ungeheuerlich." Ein weiterer Senderchef wollte nicht ausschließen, dass beim "Absacker mal darüber gesprochen wurde, aber mir ist das nicht bekannt gewesen." ARD-Sportkoordinator Hagen Boßdorf sagte der Zeitung, den Vertrag hätten zumindest alle Sportchefs des Senders gekannt. Der "SZ" zufolge erklärten drei von ihnen aber, nicht mit der Sache in Verbindung gebracht werden zu wollen und auch nie davon gehört zu haben. SR-Intendant Fritz Raff betonte, dass er den jüngsten Ullrich-Vertrag, der inzwischen zum Jahresende gekündigt wurde, auch nicht gekannt habe.

Ullrich steht derzeit unter Verdacht, in das Doping-Netzwerk des spanischen Mediziners Eufemiano Fuentes verstrickt zu sein. Wegen Dopingverdachts wurde der 32-Jährige inzwischen von seinem früheren Arbeitgeber, Team T-Mobile, entlassen.

(tso/ddp)

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