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Radsport: Armstrong sieht schwarz

Die Premiere beim Giro d'Italia scheint ausgeschlossen, der achte Sieg bei der Tour de France ein Ding der Unmöglichkeit: Nach seinem schweren Sturz in Spanien muss Lance Armstrong seine Comeback-Ambitionen über den Haufen werfen.

Der 37-Jährige, dessen Rückkehr seit Monaten die Radsport-Welt in Atem hält, wird nach seinem Schlüsselbeinbruch eine wochenlange Zwangspause einlegen und sich in seiner Heimat operieren lassen. "Das tut jetzt höllisch weh. Die Operation erfolgt in einigen Tagen", erklärte Armstrong. Vor dem Rückflug am Dienstag in die USA konnte er via Twitter zumindest schon wieder etwas scherzen: "Ich lebe noch!"

Nach Erhalt der Diagnose im Krankenhaus von Valladolid hatte sich Armstrong noch "völlig miserabel" gefühlt und für den Giro-Start Anfang Mai "sehr große Probleme" gesehen. Noch aber wollte sich der Texaner nicht festlegen, wann er wieder ins Peloton zurückkehrt. "Dafür ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Ich muss mich erst einige Tage erholen, das Problem fixieren und dann Pläne machen", sagte Armstrong. Für die Giro-Veranstalter gilt aber das Prinzip Hoffnung: "Wir sind es gewohnt, zuzusehen, wie Armstrong Wunder vollbringt, also hoffen wir noch, dass er ein weiteres schafft", sagte Giro-Direktor Angelo Zomegnan.

Armstrong in Massensturz verwickelt

Während Armstrong dafür eher schwarz sieht, ist sein Astana-Team sicher, dass der gestürzte Kapitän zumindest bei der Tour dabei ist. "Wir sind zuversichtlich, dass er die Tour fährt", sagte Sprecher Philippe Maertens. Teamchef Johan Bruyneel erwartet nach dem "glatten Bruch ohne Komplikationen" eine rasche Genesung.

Und so kam es zu Armstrongs "persönlichem Drama" (Milram-Teamchef Gerry van Gerwen"): Auf der ersten Etappe der Castilla-León-Rundfahrt fuhr der Amerikaner an der Spitze des Hauptfeldes, als sich einige Fahrer für den Endspurt in Position bringen wollten. Dabei stürzten unmittelbar vor Armstrong zwei Fahrer, der Rückkehrer konnte nicht mehr ausweichen. "Ich gebe niemandem die Schuld, das passiert ständig", meinte er. Mehr als 15 weitere Fahrer gingen zu Boden. Alle konnten weiterfahren - nur Armstrong nicht. "Lance hat seinen Glücksstern verloren", titelte das spanische Sportblatt "Marca".

Induráin: Armstrongs Reflexe lassen nach

Hatte Armstrong, der in seiner langen Karriere viel gefährlichere Momente erlebt, sich aber niemals ernsthaft verletzt hatte, einfach nur Pech gehabt? Miguel Induráin bezweifelt dies. Der fünfmalige Tour-Champion aus Spanien vermutet, dass Armstrong die Kraft fehlt, an vorderster Spitze mitzufahren: "Auf den letzten Kilometern einer Etappe braucht man die Reflexe einer Raubkatze. Wenn die Kräfte schwinden, lassen auch die Reflexe nach, und die Fahrer gehen höhere Risiken ein. Genau das ist bei Lance derzeit der Fall."

Vielleicht erkennt auch Armstrong, dem so etwas "in meiner ganzen Karriere noch nicht geschehen" ist, dass sein unter großem Getöse angekündigtes Comeback viel schwieriger ist als gedacht. In seinen bisherigen Rennen fuhr der vom Erfolg besessene Astana-Profi in dieser Saison zumeist hinterher, bei Mailand-San Remo landete er abgeschlagen auf dem 125. Platz. Auch die permanenten Doping- Kontrollen dürften die Laune des Ex-Weltmeisters nicht verbessern. Dass er seine Giro-Teilnahme fast schon abhakt, obwohl ein Schlüsselbeinbruch eigentlich nach etwa vier bis sechs Wochen auskuriert sein sollte, passt in dieses Bild. "Er war noch nicht da, wo er sein wollte. Die Verletzung wirft ihn weiter zurück", sagte Milram-Teamchef Gerry van Gerwen der Deutschen Presse-Agentur dpa.

Der Ausfall Armstrongs lässt eine weitere spannende Frage offen: Wie gliedert sich der Tour-Rekordsieger als "Nummer zwei" in das von Alberto Contador (Spanien) geführte Astana-Team ein? In Spanien sollten beide Cracks erstmals nach Armstrongs Comeback in einem Team fahren und darauf eine Antwort geben. Contador bedauerte die Zwangspause seines teaminternen Rivalen: "Die Rundfahrt wäre eine gute Chance der Vorbereitung gewesen. Es ist schade, dass Lance ausgefallen ist. Nun kann ich ihm nur wünschen, dass er sich möglichst rasch erholt, damit er beim Giro an den Start gehen kann."

Benjamin Haller, Hubert Kahl[dpa]

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