zum Hauptinhalt
Der Kuss des Torwarts. Raphael Schäfer vor der Ostkurve.

© dpa

Raphael Schäfer: Pipi in den Augen

Hertha und Nürnberg streiten über einen vermeintlichen Provokateur. Jetzt ermittelt auch der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes.

Berlin - Die Sportrichter haben gesprochen, und Hertha BSC kann ganz gut damit leben. 50 000 Euro Geldstrafe plus ein Heimspiel bei eingeschränkter Kapazität von gut 32 000 Zuschauern bei einer Komplettsperrung der Ostkurve – es hätte schlimmer kommen können. Am Tag nach diesem moderaten Urteil geht die Randale weiter. Nicht mit Fahnenstangen auf dem Rasen, und dieses Mal ist es auch keine Auseinandersetzung zwischen Fans und Ordern wie vor zwei Wochen unmittelbar nach dem Spiel zwischen Hertha und dem 1. FC Nürnberg. Jetzt haben beide Klubs ihre Abneigung zueinander entdeckt und leben sie aus im fernmündlichen Dialog, geführt wird er von den Managern Michael Preetz und Martin Bader.

Beide haben sie auf der Geschäftsstelle von Hertha BSC eine gemeinsame Vergangenheit im Schatten des mächtigen Dieter Hoeneß. Ende 2003 ging Bader nach Nürnberg, Preetz harrte noch bis zum Sommer 2009 aus, ehe er Hoeneß’ Nachfolge als Sportlicher Leiter antrat. In der aktuellen Fehde machte Bader den Anfang, in einem Interview mit dem Fachmagazin „Kicker“, das ihn wie folgt zitiert: „Es ist einmalig in der Bundesliga, dass ein Verein jemanden derart anschwärzt.“ Und: „Wenn Hertha das als Mittel im Abstiegskampf braucht, dann ist das neu im Fußball, dann hat das eine neue Qualität.“ Worauf der Berliner Preetz sinngemäß ausrichten ließ, der Kollege Bader solle nicht so dummes Zeug reden, und er werde jetzt nicht in Nürnberg anrufen, um die Sache aus der Welt zu schaffen.

Hat der Nürnberger Torhüter die Berliner Ultras provoziert?

In der Sache geht es um die Rolle, die Nürnbergs Torhüter Raphael Schäfer gespielt hat, kurz bevor um die 150 Fans den Rasen des Olympiastadions stürmten. Schäfer hatte ein großartiges Spiel gemacht. Als es vorüber war und für Nürnberg 2:1 gewonnen, ließ er auch die Fans in seinem Rücken teilhaben an seiner Freude. Es waren dummerweise Berliner Fans, denn Schäfer stand vor der Ostkurve, wo Herthas Ultras, die Harlekins ihren Stammplatz haben. Über das Internetportal Youtube sind reichlich Bilder einzusehen, wie Schäfer die Arme ausbreitet und Kusshände ins Publikum wirft. Eine Sequenz aber lässt auch vermuten, Schäfer könnte die linke Hand in die rechte Armbeuge fallen und die Faust nach oben schnellen lassen. „Fuck you!“, sagt man dazu in Amerika. Unter diesen Bildersequenzen ist als Kommentar zu lesen: „Die großen starken Jungs aus der Ostkurve haben jetzt Pipi in den Augen weil der böse, böse Schäfer sie provoziert hat.“

Fernab aller Ironie ermittelt jetzt der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), ob der Nürnberger Torhüter die Berliner Ultras provoziert haben könnte. Weil die Berliner gepetzt haben, wie Nürnbergs Manager Bader vermutet. Stimmt nicht, entgegnet Preetz, „der DFB ist durch die Berichterstattung in den Medien aufmerksam geworden und hat uns um eine Stellungnahme gebeten. Das haben wir getan. Mehr nicht.“

Nürnberg könnte nun ein Problem bekommen im Abstiegskampf. Raphael Schäfer wurde schon im Winter für vier Spiele gesperrt, nach einem Tritt gegen den Wolfsburger Misimovic. Im Falle einer neuerlichen Verurteilung könnte die Sperre für einen Wiederholungstäter empfindlich ausfallen. Was, so viel Ehrlichkeit muss sein, Hertha nicht ungelegen käme.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false