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Hässliche Fratze. Polnische Hooligans marschieren bei der EM in Marseille auf.

© AFP

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit: Rechte missbrauchen die polnischen EM-Erfolge

Sie hetzen gegen Ausländer: Rechte polnische Gruppen nutzen die Erfolge des Nationalteams als Bühne für fremdenfeindliche Parolen. Das funktioniert nicht immer.

Eigentlich ist es ein Wunder, dass es bei dem Spiel zwischen Polen und der Ukraine in Marseille so friedlich geblieben ist. Und dies nicht wegen der Feindschaft, die zwischen den ukrainischen und polnischen Ultras herrscht, sondern wegen eines Fetzens Stoff. „Defenders Of European Culture“, stand mit roten Buchstaben auf einem großen weißen Transparent, das polnische Ultras bei ihrem Marsch ins Stade Vélodrome durch die Straßen vor sich trugen. Später konnte man dieses Plakat auch in der polnischen Kurve sehen.

Polnische Ultraszene ist gegen Einwanderung

Dass dieses Plakat ausgerechnet beim letzten Gruppenspiel gezeigt wurde, ist kein Zufall. Marseille, eine durch Einwanderung geprägte Stadt, gilt vielen Polen als der Inbegriff eines verhassten multikulturellen Westeuropas, das seine Wurzeln verloren hat. Eine Sichtweise, die nicht nur bei polnischen Rechtsradikalen verbreitet ist.

Wie stark diese Meinung auch in der polnischen Ultraszene vorherrscht, zeigte sich spätestens im vergangenen Jahr, als die Flüchtlingskrise ihren Höhepunkt erreicht hatte. Während in deutschen Stadien „Refugees Welcome“-Plakate hochgehalten wurden und viele Bundesligaklubs praktische Hilfe leisteten, zeigten die polnischen Kurven ihre hässlichen, hasserfüllten Fratzen. „Ganz Legia schreit laut und deutlich: Nein zu der islamischen, wilden Horde“, hallte es etwa bei einem Heimspiel von Legia Warschau durchs Stadion. Und in Breslau präsentierten Ultras des heimischen Vereins Slask eine große Choreographie, auf der ein Kreuzritter zu sehen war. „Wenn Europa von der islamischen Gefahr überflutet wird, dann stehen wir auf zur Verteidigung des Christentums“, stand darauf.

Parolen stärken Motivation rechter Parteien

Bei solchen Parolen ist es nicht verwunderlich, dass auch rechte Parteien die polnische Ultraszene für sich einvernehmen wollen. Sowohl die Allpolnische Jugend als auch das Nationalradikale Lager (ONR) versuchen seit Jahren, in den Kurven Fuß zu fassen. Ebenso wie die regierende Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Jaroslaw Kaczynski. Sie umgarnt die Ultras und feiert sie als „wahre Patrioten“. Und dies nur, weil sich die Ultras jahrelang einen offenen Konflikt mit der Vorgängerregierung lieferten.

Wie weit diese Anbiederung geht, zeigte Staatspräsident Andrzej Duda kurz nach seiner Amtsübernahme. Bei einer seiner ersten offiziellen Reisen ließ er sich im Flugzeug im Polohemd der polnischen Marke „Red Is Bad“ fotografieren, die sich in der polnischen Ultra- und Hooliganszene großer Beliebtheit erfreut. Doch obwohl die polnische Ultraszene stramm rechts ist, lässt sie sich nicht von einer Partei vereinnahmen. Auch wenn die Grenzen manchmal fließend sind, wie die Teilnahmen polnischer Ultragruppen an den in Polen stattfindenden Demonstrationen gegen Flüchtlinge zeigen.

Klares Vorgehen gegen rassistische Symbole

Nun, da die polnische Nationalmannschaft eine erfolgreiche Europameisterschaft spielt und an diesem Donnerstag im Viertelfinale auf Portugal trifft, missbrauchen rechte Kräfte den Fußball als Bühne für ihre fremdenfeindlichen Parolen. „All Different. All White. Poland Euro 2016“, steht auf einem Foto, auf dem Spieler wie Robert Lewandowski und Grzegorz Krychowiak in feinen Anzügen zu sehen sind und das die Allpolnische Jugend nach dem Achtelfinalsieg gegen die Schweiz in den Sozialen Netzwerken verbreitete. Zudem wurde Nationalspieler Kamil Grosicki ein weiß-rotes Armband hinzugefügt, wie es die polnischen Widerstandskämpfer während des Warschauer Aufstands 1944 trugen.

Zum Glück reagiert der polnische Fußballverband, der sich in der Vergangenheit mit der Bestrafung so mancher rassistischer Symbole in den Stadien schwergetan hatte, dieses Mal sofort. Der Verband kündigte einen Tag später rechtliche Schritte gegen den Missbrauch dieses Bildes an. Ebenso tat es die Firma Vistula, ein polnischer Herrenausstatter und Sponsor der Nationalmannschaft. Mit Erfolg, das Bild wurde sofort gelöscht.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Politiker nun aufhören, die Nationalmannschaft auszunutzen, um ihre rassistischen Ansichten zu verbreiten. Bestes Beispiel dafür ist die PiS-Politikerin Krystyna Pawlowicz, in Polen auch bekannt als „Maschinengewehr Kaczynskis“. Während der Partie gegen die Schweiz äußerte sie sich bei Facebook abfällig über die Schweizer Spieler Granit Xhaka und Breel Embolo. Auch das ging jedoch nach hinten los, denn in Polens Nationalteam spielt mit Thiago Cionek ein gebürtiger Brasilianer.

Thomas Dudek

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