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Fast wie von selbst. In der Formel 1 ist das beste Material die Grundlage für den Erfolg – so kann Titelverteidiger Sebastian Vettel am Steuer ganz entspannt sein.

© dpa

Red Bull: Rakete auf Schienen

Seit nun fast zwei Jahren rätselt die Konkurrenz vergeblich darüber, was Sebastian Vettels Red Bull so schnell macht. In den Kurven rast der RB7 dem Rest um 16 km/h davon.

Michael Schumacher, der sonst eher zur Sachlichkeit als zu großen Übertreibungen neigt, bezeichnet das Auto schlichtweg als eine „Bombe“. Aber wenn man selbst nur mit heimlichem Neid auf das Handwerkszeug der Konkurrenz blicken kann, wird man schon mal ein bisschen drastisch. Sebastian Vettel gefällt der Ausdruck weniger gut, er sieht seinen Dienstwagen eher als „Rakete“. „Denn eine Bombe geht schließlich irgendwann hoch, und das ist ja nun nicht der Sinn der Sache.“ Dann also eine Rakete, „die hält normalerweise auch ein bisschen länger“.

Ob Bombe oder Rakete: Der Red Bull RB7 ist auch vor dem Großen Preis von Malaysia am Wochenende in der Formel 1 das Maß aller Dinge. Schon in Australien zeigte sich, dass sich die Konkurrenz schwer anstrengen muss, wenn sie an diese Kombination in dieser Saison noch einmal herankommen will. Zwar stapelt Vettel aus taktischen Gründen eher tief. „Wir haben erst eines von 19 Rennen hinter uns“, sagt der Weltmeister, „da wäre es verfrüht, jetzt schon von Dominanz zu sprechen.“ Aber natürlich sei er schon zuversichtlich, „dass wir auch hier wieder absolut konkurrenzfähig sein können“.

Seit Mitte 2009 hat Red Bull das schnellste Auto im Feld. Verantwortlich dafür ist die Genialität von Designer Adrian Newey, der vor allem auf dem Gebiet der Aerodynamik wohl der Beste der Formel 1 ist. Dieser extrem wichtige Bereich umfasst vereinfacht gesagt die feinste Führung von Luftströmen, um den optimalen Anpressdruck des Autos auf die Straße zu bringen und damit hohe Kurvengeschwindigkeiten zu erzielen.

Genau dort, in den Kurven, liegt das Geheimnis des Wagens, das die restliche Formel 1 verzweifelt zu ergründen versucht. Wie auf Schienen rast der RB7 durch die Biegungen, unfassbare 16 Stundenkilometer schneller als alle anderen Konkurrenten war Vettel in der schnellsten Kurve der Strecke von Melbourne. Da kann man es sich dann auch leisten, auf der Geraden nicht unbedingt zu den Schnellsten gehört zu haben. Unter anderem auch deshalb, weil man es sich leistete, auf die 82 Zusatz-PS des Energierückgewinnungssystems Kers zu verzichten, um kein Risiko im Bereich Zuverlässigkeit einzugehen. In Malaysia soll das Kers aber schon zum Einsatz kommen: „Ich bin kein Hellseher, mit hundertprozentiger Sicherheit kann ich es noch nicht sagen, aber ich gehe davon aus, dass wir es hier das ganze Wochenende über benutzen werden“, sagt Vettel.

Nicht nur deshalb rechnen viele Experten damit, dass Red Bull am Wochenende sogar noch überlegener sein könnte als zuletzt in Australien. Denn die Strecke von Sepang gilt mit ihren schnellen, sehr variantenreichen Kurven als aerodynamisch besonders anspruchsvoll – ein Vorteil also für Red Bull und Neweys wundersames Ideenpaket. Manches davon ist deutlich sichtbar, wie die seitlichere Führung der Auspuffrohre. Diese Lösung versuchen inzwischen viele andere Teams so schnell wie möglich zu kopieren, weil sie offensichtlich am Heck des Autos mehr Abtrieb produziert. Das mit dem Kopieren ist allerdings nicht ganz so leicht, denn da sind eben noch die vielen kleinen Feinheiten, der ganze Rest des Autos, der mit dem einen großen Schlüsselelement optimal zusammen passen muss.

Weil keiner so ganz genau versteht, warum denn dieses von Vettel „Kinky Kylie“ getaufte Auto schon wieder so gut ist, wabern natürlich sofort Gerüchte durch das Mini-Biotop Formel 1. Nach Australien rückte wie schon im vergangenen Jahr mal wieder der Frontflügel ins Zentrum der Geschichten, der eigentlich viel zu flexibel sei, um dem Geiste des Reglements zu entsprechen. Allerdings hat der Automobil-Weltverband Fia schon mehrere Überprüfungen veranlasst, die nichts Derartiges ergaben. So wähnte sich Vettel denn auch „im falschen Film“, als das Thema jetzt wieder hochkochte: „Ich habe mich gefragt, haben wir noch 2010? Als nächstes kommt dann jetzt wohl wieder die Theorie, wir könnten während des Fahrens die Bodenfreiheit des Autos anpassen.“ Dabei ahnt die Konkurrenz insgeheim wohl schon, wo der wirkliche Grund für die Überlegenheit Red Bulls sitzt: im Hirn von Adrian Newey. Vor der Saison versuchte Ferrari, den Chefdesigner abzuwerben – vergebens.

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