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Da war die Welt noch halbwegs in Ordnung. Olympia-Befürworter warten gemeinsam mit Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt auf das Ergebnis des Referendums.

© dpa/Heimken

Update

Referendum für Olympia 2024: Hamburg hat entschieden - und will keine Spiele in der eigenen Stadt

Die Hamburger lehnen Olympia ab. Im Referendum stimmte die Mehrheit sensationell gegen eine Bewerbung um Sommerspiele 2024. Für den olympischen Sport in Deutschland ist damit die Stunde null gekommen.

Von Christian Hönicke

Es sollte eine rauschende Party werden. Etwa 200 prominente Gäste waren in die Hamburger Multifunktionshalle, die schon so viele Sponsorennamen hatte, geladen worden. Viele Sportgrößen der Hansestadt wollten in stimmungsvollem Rahmen auf Olympia hinfeiern. Doch je länger der Abend wurde, desto länger wurden auch die Gesichter. Kurz vor 21 Uhr war es dann gewiss: Hamburg sagt Nein zu Olympia. Das amtliche Endergebnis steht zwar erst am 15. Dezember fest, doch das vorläufige Endergebnis am Sonntagabend war eindeutig. Die Bürger der Hansestadt stimmten mit 51,6 Prozent dagegen, sich um die Austragung der Sommerspiele 2024 zu bewerben. Da nützte es auch nichts, dass in Kiel, wo die Segelwettbewerbe stattfinden sollten, 65,6 Prozent der Menschen für Olympia stimmten.

Im Frühjahr waren noch 63 Prozent der Bürger für Olympia

Ein paar Minuten später trat Olaf Scholz im Rathaus an die Öffentlichkeit. Der Erste Bürgermeister, der die Mission Hamburg 2024 zur Chefsache gemacht hatte, gestand seine Niederlage ein. „Die Hamburgerinnen und Hamburger haben eine Entscheidung getroffen: Hamburg wird sich nicht um die Austragung der olympischen und paralympischen Spiele 2024 bewerben“, erklärte der SPD-Politiker. „Der Senat und ich hätten uns eine andere Entscheidung gewünscht, sie ist aber klar.“ Sie kam auch nicht komplett aus heiterem Himmel: Im September waren noch 63 Prozent der Hamburger für die Bewerbung, zuletzt war die Zustimmung aber immer weiter gesunken.

Im Lager der Olympiagegner war die Stimmung dagegen blendend. „Die Menschen sehen, dass es Sachen gibt, wo das Geld besser angelegt ist“, sagte Florian Kasiske von der Initiative NOlympia. Kasiske und seine Mitstreiter hatten vehement gegen die Spiele gekämpft, die laut der Kostenschätzung 11,2 Milliarden Euro hätten kosten sollen. Sie hatten unter anderem damit argumentiert, dass die Kosten bei allen Olympischen Spielen seit 1960 im Schnitt dreimal so hoch wie veranschlagt gewesen seien. Auch die Schlagworte Gentrifizierung und Mietsteigerung brachten sie mit dem geplanten Sportfest in Verbindung – gut möglich, dass das in Anbetracht der prekären Wohnungssituation rund um die Alster bei den Menschen verfing.

Die Niederlage trifft Bürgermeister Olaf Scholz empfindlich

Den Gegnern spielte nicht zuletzt in die Karten, dass die Kostenübernahme bis zum Schluss ungeregelt war. Die von Scholz eingeforderte Beteiligung des Bundes in Höhe von 6,2 Milliarden Euro wollte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) bis zuletzt nicht zusagen.

Alle von den Befürwortern angerissenen Projekte sind auch ohne Olympia praktikabel. Für die übrigen Milliarden € kann man sicherlich genügend Sozialwohnungen und Infrastrukturmaßnahmen vornehmen, die der Hamburger Bevölkerung zu gute kommen werden.

schreibt NutzerIn apollo11

Nun ist Stunde null im olympischen Sport in Deutschland. Der kämpft ohnehin gegen den Bedeutungsverlust und die Übermacht des Fußballs – ironischerweise sind nun die Chancen des skandalbelasteten Deutschen Fußball-Bundes (DFB) auf die Fußball-EM 2024 gestiegen. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) dagegen ist der große Verlierer. Er hatte sein Schicksal in die Hände der Hamburger gelegt. Ihre Absage beendet nicht nur die konkreten Olympiaträume für 2024. Nachdem bereits die Münchner vor zwei Jahren gegen die Winterspiele 2022 gestimmt haben, ist an Olympische Spiele in Deutschland nun mittelfristig nicht mehr zu denken. Der DOSB wird sich so schnell nicht mehr an ein Referendum wagen, das sein Präsident Alfons Hörmann nach dem Fiasko von München für zwingend erforderlich erklärt hatte. Zumal die einzige verbliebene deutsche Kandidatenstadt – Berlin – in der nationalen Vorauswahl vergrätzt wurde, als sich die Sportverbände mehrheitlich auf die Seite Hamburgs schlugen.

Der DOSB ist der große Verlierer des Referendums

Der Schaden für den DOSB ist also immens. Dass Alfons Hörmann die Hamburger Bewerbung zur nationalen Angelegenheit ausgerufen hatte, das machte die Niederlage um so schmerzhafter. Der DOSB-Präsident war sichtlich getroffen, als er sich nach Scholz im Rathaus an die Analyse des Tiefschlags machte. Nach der ersten Enttäuschung („Es hat nicht sollen sein“) wurde er gleich grundsätzlicher: „Es scheint so, dass der olympische Gedanke und Deutschland im Moment nicht zusammenpassen.“

Michael Vesper gab sich ein wenig kämpferischer. „Im ersten Moment sagt man natürlich, jetzt ist Olympia in Deutschland auf Jahrzehnte hinaus unmöglich“, sagte der DOSB-Vorstandschef. „Aber da denken wir nochmal drüber nach. Wir resignieren nicht, aber das wird nun deutlich schwerer.“

Für die Olympische Sommerspiele 2024 verbleiben nun Budapest, Los Angeles, Paris und Rom als Bewerber. „Hamburg war auf Augenhöhe mit denen“, sagte Michael Vesper. „Schade, dass es jetzt vorbei ist.“

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