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Sport: Regen in Frankfurt, Regen in Shizuoka

Miyazaki. Für die einen ist es ein normales Gruppenspiel, für Rudi Völler ist die Partie gegen Kamerun das „Sechzehntelfinale": In der Tat kann vermutlich nur eine der beiden Mannschaften weiterkommen, wobei Völlers Team den Vorteil besitzt, dass schon ein Punkt zum Einzug ins Achtelfinale genügt (siehe Kasten Seite 21).

Miyazaki. Für die einen ist es ein normales Gruppenspiel, für Rudi Völler ist die Partie gegen Kamerun das „Sechzehntelfinale": In der Tat kann vermutlich nur eine der beiden Mannschaften weiterkommen, wobei Völlers Team den Vorteil besitzt, dass schon ein Punkt zum Einzug ins Achtelfinale genügt (siehe Kasten Seite 21). Da hat die deutsche Auswahl schon schwierigere Situationen erlebt - entgegen der Legende von der unbezwingbaren Turniermannschaft nicht immer mit positivem Ausgang.

EM 1968: Der 17. Dezember 1967 ist als schwarzer Tag in die Geschichte des deutschen Fußballs eingegangen. Die Nationalmannschaft benötigte an jenem Tag einen Sieg in Albanien, um sich für die EM zu qualifizieren. Wer aber keine Tore schießt, kann nicht gewinnen. 0:0 spielte die Mannschaft von Helmut Schön, anstelle der Deutschen durften die Jugoslawen zur EM reisen.

WM 1974: In Frankfurt standen sich am 3. Juli im letzten Spiel der Finalrunde Deutschland und Polen gegenüber. Die Partie wird gelegentlich als Halbfinale bezeichnet, de facto war sie es auch. Den Deutschen genügte dank der Tordifferenz ein Unentschieden, um das Endspiel zu erreichen. Vor und während des Spiels hatte ein Platzregen den Rasen unter Wasser gesetzt. Erst in der 76. Minute schoss Gerd Müller das entscheidende 1:0. Für das heutige Spiel gegen Kamerun in Shizuoka ist auch Regen angesagt.

WM 1978: Die Deutschen waren als Titelverteidiger nach Argentinien gereist, doch in ihren ersten fünf Spielen hatten sie nur beim 6:0 gegen Mexiko geglänzt. Trotzdem besaßen sie vor den abschließenden Begegnungen der zweiten Runde die Chance, ins Endspiel einzuziehen: dann nämlich, wenn Italien und Holland unentschieden spielen und die Deutschen Österreich mit fünf Toren Differenz besiegen würden. „Die hauen wir fünf oder sechs null weg“, tönte Kapitän Berti Vogts vor dem Spiel, das für die Deutschen als „Schmach von Cordoba“ in die Geschichte eingegangen ist. 2:3 unterlag die Mannschaft von Helmut Schön.

WM 1982: Und wieder Österreich. Der „Schmach von Cordoba“ folgte die „Schande von Gijon". Im letzten Gruppenspiel mussten die Deutschen gewinnen, um die zweite Finalrunde zu erreichen, die Österreicher konnten sich nach Siegen gegen Chile und Algerien eine Niederlage mit zwei Toren Unterschied erlauben. Diese Konstellation war schon vor dem Anpfiff klar, weil das Spiel Chile - Algerien am Vortag stattgefunden hatte. In der zehnten Minute brachte Horst Hrubesch die Deutschen in Führung, danach stellten beide Teams alle Bemühungen ein, die an Fußball erinnert hätten. Die Zuschauer im Stadion wedelten vor Wut mit Geldscheinen, die Algerier, die 2:1 gegen die Deutschen gewonnen hatten, schieden punktgleich mit Österreich und Deutschland aus. Immerhin zog die Fifa Konsequenzen: Seit Gijon 1982 werden die letzten beiden Gruppenspiele zeitgleich angepfiffen.

EM 1984: Bei der EM in Frankreich stellte sich die Situation exakt so dar wie jetzt vor dem Spiel gegen Kamerun. Die Nationalmannschaft hatte einmal unentschieden gespielt (0:0 gegen Portugal), einmal gewonnen (2:1 gegen Rumänien) und benötigte gegen Spanien einen Punkt für den Einzug ins Halbfinale. Bis zur 90. Minute stand es 0:0, dann köpfte Spaniens Libero Maceda die Deutschen mit seinem Tor zum 1:0 aus dem Turnier. Jupp Derwall musste als Bundestrainer zurücktreten.

EM 1992: Mehr Glück hatten die Deutschen unter Berti Vogts. Im dritten Gruppenspiel unterlag das Team von Berti Vogts dem amtierenden Europameister Holland mit 1:3 und hätte nach menschlichem Ermessen ausscheiden müssen, doch die GUS (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) verstand es nicht, die Vorlage zu nutzen. Die GUS verlor gegen bereits ausgeschiedene Schotten mit 0:3. Deutschland mogelte sich bis ins Finale, scheiterte dann aber an den Dänen.

EM 2000: In Holland und Belgien waren die Leistungen des deutschen Teams von Beginn an äußerst bescheiden: Einem 1:1 gegen Rumänien folgte die 0:1-Niederlage gegen England, und vor dem letzten Gruppenspiel waren die Deutschen bereits so gut wie ausgeschieden. Es sei denn – England verlöre gegen Rumänien, was als höchst unwahrscheinlich galt, und den Deutschen gelänge gleichzeitig ein höherer Sieg gegen Portugal. Aber manchmal gibt es auch im Fußball Gerechtigkeit. Dass Rumänien die Engländer besiegte, half der Mannschaft von Erich Ribbeck nichts mehr. In Rotterdam zerstörte sie mit einem 0:3 gegen Portugal endgültig den Mythos von der eigenen Unbezwingbarkeit.Stefan Hermanns

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