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Marcel Reif. TV-Reporter und Tagesspiegel-Kolumnist.

© dpa

Reif aus dem Stadion: Der Gladbacher Aufschwung

Unser Kolumnist Marcel Reif bewertet den Erfolg von Borussia Mönchengladbach und glaubt nicht, dass die Leistungssteigerung auf Zufall oder Glück zurückzuführen ist.

Muss man sich eigentlich verwundert die Augen reiben über Borussia Mönchengladbach? Weil die so gut sind wie, sagen wir, gefühlt seit Jahrhunderten nicht mehr? Es geht plötzlich am linken Niederrhein alles ruhig, alles entspannt, alles unaufgeregt, wunderbar unaufgeregt. Und man hat nicht den Eindruck, dass die Gladbacher Qualität ein kurzes Hoch ist, irgendeinem Kult geschuldet ist, eine Hausse, nach der man auch wieder abstürzen kann. Sie haben einen Präsidenten, der sich raushält, sie haben einen Sportdirektor, der einen gelassenen, guten Job macht. Und sie haben einen Trainer, Lucien Favre, den man, ich weiß, in Berlin mögen das manche anders sehen, gar nicht hoch genug preisen kann. Er ist spröde bis zum Geht-nicht-mehr, er versteckt sich listig hinter seinem französischen Akzent, er hat einen Plan. Und dass er einen solchen Plan auch umzusetzen versteht, das hat er anfangs auch in Berlin gezeigt. Vielleicht hat auch er erst einmal lernen müssen, wie es zugeht in der großen, weiten Welt der Bundesliga, die dann doch noch eine andere Baustelle ist als der Schweizer Fußball. Wie geht man mit Erfolg um, wie mit Übermut, das muss man wohl wirklich erst erfahren.

Die Spieler, und das soll Favres Leistung nicht schmälern, machen es ihm allerdings auch leicht. Er hat sie durchs Tal geführt in der vergangenen Saison, ein Jammertal war das, in dem die Gladbacher doch schon komplett abgeschrieben waren. Favre war dabei, er hat sie gerettet, und nun glauben sie ihm und danken es ihm. So eine Talfahrt, auch noch gekrönt durch ein Relegationsspiel gegen einen Zweitligisten, wenn so eine Talfahrt gemeinsam überstanden wurde, schafft das Charakter, stärkt das Selbstbewusstsein und fördert den Zusammenhalt. Es gibt noch einen Punkt, der den Gladbacher Optimismus steigern kann: Das ist das Pech des armen Marco Reus. Wer immer wieder zur Nationalmannschaft berufen wird, sich aber dann immer wieder verletzt, der darf zum einen bittere Tränen weinen, und wird zum anderen irgendwann einmal belohnt. Es war sicherlich beim Sieg gegen den 1. FC Kaiserslautern nicht der glanzvollste Auftritt der Borussia, und Deutscher Meister werden sie sicherlich auch nicht, aber, ich bin mir gewiss, sie werden auch nicht unterhalb eines einstelligen Tabellenplatzes landen. Nein, man muss sich nicht verwundert die Augen reiben, der Erfolg ist gewollt, ist geplant, klug umgesetzt und nicht vom Himmel gefallen.

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