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Sport: Reif von der Insel

Nach der 1:3-Niederlage der Deutschen gegen Spanien fühlt sich Teamchef Rudi Völler von der Mannschaftsleistung beleidigt

Palma de Mallorca. Der Deutsche Fußball-Bund denkt einfach an alles, wenn es um die Nationalmannschaft, das Flaggschiff des weltgrößten Sportverbandes, geht. Im offiziellen Begleitheft zum Länderspiel des Vizeweltmeisters gegen Spanien in Mallorca am Mittwochabend war ein Programmpunkt vorgesehen, der sich nach der Niederlage glänzend als Ausrede für alle Beteiligten anbot, um nur nicht Rede und Antwort stehen zu müssen. Im pingelig ausgetüftelten Ablaufplan war nämlich im Mannschaftsquartier für exakt 24 Uhr das Abendessen der Nationalmannschaft vorgesehen.

Nun hatte niemand damit gerechnet, dass die schwarz-rot-goldene Delegation Schwierigkeiten solcher Art bekommt, die sie einfach nicht meistern würde. Der Gegner war besser. Und dann war nach dem 1:3 der hoffnungslos überforderten deutschen Elf gegen Spanien auch noch der Weg von der Kabine in den Mannschaftsbus voll gestellt mit Journalisten mit Kameras und Schreibblöcken. Da lag es nahe, dass sich alseinzige Rettung vor unbequemen Fragen das mitternächtliche Dinner anbot.

Und so entschieden sich die deutschen Nationalspieler mehrheitlich für folgende Körpersprache: Sporttasche geschultert, Handy am Ohr, abgedrehtes Haupt, der Blick angestrengt ins Nichts. Die eigenwillige Spielnachbereitung der Deutschen erreichte ihren Höhepunkt, als Teamchef Rudi Völler auf der Pressekonferenz eine Wortmeldung ohne jeden Anflug von Humor mit den Worten kommentierte: „Diese Frage ist ja ein bisschen bescheuert.“

Gefragt worden war Völler, ob es nicht ein wenig frustrierend sei, dass die deutsche Nationalmannschaft unter seiner Führung einfach nicht gegen Mannschaften aus den Top Ten der Fifa-Weltrangliste gewinnen kann? Seit dem 1:0-Sieg in England vor mehr als zwei Jahren hat die deutsche Nationalmannschaft gegen Dänemark, Frankreich, zweimal gegen Holland, Argentinien, Brasilien und jetzt auch noch gegen Spanien verloren. Ausgerechnet der junge Christoph Metzelder war es, dem wohl in einer kleinen Unachtsamkeit die wahre Antwort auf die Frage unterlaufen war. „Die Höhe der Niederlage spiegelt unsere momentane Situation wider. Die Vizeweltmeisterschaft ist nicht das richtige Bild“, sagte der Dortmunder.

Völler wollte dazu keine Stellung nehmen. 33 Länderspiele nach seiner 4:1-Premiere als Teamchef am 16. August 2000 gegen eben jene Spanier präsentierte er sich angefressen wie selten. Und nahm anscheinend die Leistung seiner Mannschaft als persönliche Beleidigung auf. „In unserem Spielaufbau haben einige Dinge nicht geklappt“, sagte Völler. Er fand damit eine diplomatische Umschreibung dafür, dass ein Spielaufbau überhaupt nicht stattfand. Abgesehen vom eher zufällig zu Stande gekommenen Tor durch Fredi Bobic zum zwischenzeitlichen Ausgleich, schossen nur noch Jens Jeremies und Benjamin Lauth Mitte der zweiten Halbzeit auf das spanische Tor.

Die momentan arg gebeutelten Leverkusener Spieler Carsten Ramelow und Bernd Schneider konnten nicht annähernd die Aufgaben erfüllen, die sonst Michael Ballack, Dietmar Hamann und Torsten Frings übernehmen. „In den Zweikämpfen haben wir uns nicht gut angestellt, nach vorne fand keine Entlastung statt und läuferisch war es auch zu wenig“, sagte Völler missgelaunt. Den vielen jungen Spielern aber, die Völler auf Grund zahlreicher Ausfälle hatte aufbieten müssen, wollte er nicht die Schuld geben. „An diesen Spielern hat es nicht gelegen“, sagte Völler. Und das wiederholte er so oft, als wollte er ganz sicher gehen, dass der öffentliche Schrei nach jungen, wilden Spielern fürs Erste verstummen möge. Dann fügte er energisch hinzu: „Wir können auf die erfahrenen Spieler nicht verzichten, damit sich die jungen anlehnen können.“

Die wenigen erfahrenen Spieler aber taugten dafür nicht. Kahn steht im Tor zu weit weg. Und während Wörns mit der Bewachung des spanischen Rekordtorschützen Raul genug zu tun hatte, war Böhme mit sich selbst beschäftigt. Bliebe Klose, doch der hat in den letzten zehn Länderspielen auch nur ein Tor geschossen.

Wie ideenlos die DFB-Elf agierte, verdeutlicht eine Zahl: 13-mal wurde aus dem Feld der Rückpass auf Kahn gespielt. Die Spanier machten das nie. Am Ende nahmen sie auch noch Torwart Casillas und den zweifachen Torschützen Raul vom Feld. Und das war’s dann auch, was DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder so ärgerte. „In den letzten 15 Minuten ging bei uns gar nichts mehr, die Spanier konnten uns vorführen.“

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