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Sport: Rein, fertig und nach Hause

Lukas Podolski und Bastian Schweinsteiger stehen mit ihrer Unbekümmertheit für die Zukunft der deutschen Nationalmannschaft

Lange nach dem Abpfiff dribbelte Bastian Schweinsteiger weiter. Durch die Schlange von Reportern. „Wissen Sie, was der Poldi nach meinem 2:1 zu mir gesagt hat?“, fragte der junge Münchner Nationalspieler in die Runde. Er machte sich einen kleinen Spaß daraus, weil nur er und maximal noch der Kölner Lukas Podolski die Antwort wissen konnten. Weil Schweinsteiger in dieser Nacht besonders gut drauf war, mochte er die Antwort nicht für sich behalten. „Der Poldi hat zu mir gesagt: Rein das Ding, fertig, und dann nach Hause gehen.“ Es war ein schönes Tor zum 2:1 gegen Russland, das Schweinsteiger 20 Minuten vor dem Abpfiff erzielt hatte, nur leider war die restliche deutsche Mannschaft anschließend wirklich nach Hause gegangen, zumindest in Gedanken. In der Nachspielzeit erzielten die Russen noch den Ausgleich zum 2:2, und das missfiel vor allem dem Kapitän der deutschen Fußball-Nationalmannschaft. „Das ist ärgerlich, wenn man einen sicher geglaubten Sieg noch einmal hergibt“, schimpfte Michael Ballack.

Die Sache ist nämlich die, „dass Russland nun mal keine Übermannschaft ist", sagte der zweifache Torschütze Schweinsteiger. Für den flinken Mittelfeldspieler, dessen Unbekümmertheit auf dem Platz und dessen unüberheblich wirkendes Selbstbewusstsein eine für den deutschen Fußball hoffnungsvolle Mixtur ergeben, ist das Unentschieden „einfach zu wenig“. Entsprechend verhalten war die Stimmung in der Kabine ausgefallen. „Ich hoffe, das späte Ausgleichstor hat nicht ausgelöst, dass einige Spieler in den drei freien Tagen die Köpfe hängen lassen“, sagte Ballack. Am Sonntag werden die Nationalspieler sich wieder treffen, am Mittwoch beginnt für sie mit dem Spiel gegen Australien der Konföderationen-Pokal.

Diese Nacht von Mönchengladbach hätte für Podolski und Schweinsteiger zu einer unvergesslichen werden können, wäre nicht der Ausgleich gefallen. So aber wurde der deutschen Elf und ihrem Trainer aufgezeigt, was bei allem Mut zum Frontalfußball nicht in Vergessenheit geraten darf: Konzentration bis zum Schluss, vor allem in der Defensive. Erneut offenbarte die Abwehr Mängel in Sachen Stellungsspiel und Zuordnung, besonders wenn die Russen schnelle Pässe spielten. „Natürlich hätten wir lieber gewonnen, aber das sind wichtige Erfahrungsmomente“, sagte Jürgen Klinsmann. „Wir werden weiterhin an diesen Dingen arbeiten.“ Der Bundestrainer hat die Hoffnung, die Defizite wenigstens zu minimieren, „aber es gibt keine Mannschaft auf der Welt, die keine Fehler macht“.

Ein Fehler ist es sicherlich nicht, Bastian Schweinsteiger und Lukas Podolski noch mehr Spielraum zu geben. Mit ihrer mutigen und frechen Spielweise passen die beiden 20-Jährigen idealtypisch in Klinsmanns Anforderungsprofil. Sie spielen erfrischend keck, mit Risiko, Tempo und mit Aggressivität. Beide besitzen Spielwitz und verfügen über einen natürlichen Drang zum Tor. Und sie haben sichtlich Spaß dabei. „Der Poldi ist einer, der kann selbst im Spiel noch lachen. Den brauche ich nur anzugucken, und ich weiß, was er denkt“, sagt Schweinsteiger. Der Kölner sei ein lustiger Vogel, aber auch ein guter Fußballer. „So einen könnten wir auch beim FC Bayern brauchen“, sagte Schweinsteiger. Weshalb er auch schon von Manager Uli Hoeneß den Auftrag erhalten habe, „am Poldi zu bohren – halt, nicht schreiben, das war jetzt ein Scherz!"

Nun sind Podolski und Schweinsteiger keinesfalls eine Entdeckung von Jürgen Klinsmann. Sein Vorgänger Rudi Völler hatte die beiden in die Nationalmannschaft geholt, aber Klinsmann hat sie konsequent gefördert. Und das, obwohl Podolski eine Saison in der Zweiten Liga kickte und Schweinsteiger noch im Herbst in der Amateurelf der Bayern aushelfen musste. „Dieses Vertrauen des Bundestrainers hat mir geholfen“, sagte Schweinsteiger, der jüngst seinen Vertrag beim FC Bayern bis 2009 verlängerte. Selbst der 72 Jahre alte Gerhard Meyer-Vorfelder war angetan von der engagierten Spielweise des jungen Münchners. „Der Schweinsteiger ist der Coolste“, sagte der DFB-Präsident und wollte mit der Wortwahl wohl beweisen, dass die Aufbruchstimmung im deutschen Fußball kein Alter kennt.

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