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John Isner feiert einen unglaublichen Sieg, im Hintergrund das unglaubliche Ergebnis - noch nicht ganz vollständig.

© dpa

Rekordmatch in Wimbledon: 6:4, 3:6, 6:7 (7:9), 7:6 (7:3), 70:68

Das längste Match der Tennis-Geschichte: John Isner holt im fünften Satz 70, der Franzose Nicolas Mahut 68 Spiele. Helmut Schümann über ein elfstündiges Wimbledon-Match, das ein Marathon Mann gegen Mann war - und ein Kampf gegen die Fußball-WM.

Immer wird es biblisch, wenn etwas sehr Kleines mit etwas sehr Großem kämpft. Der Igel mit dem Hasen, die Ameise mit dem Elefanten, Emmely mit Kaiser’s Tengelmann, Westerwelle mit Erwachsenen. Dann kämpft David gegen Goliath. Und meistens, außer bei Westerwelles Kampf mit den Erwachsenen, siegt seit Bibels Tagen der kleine David. Manchmal kämpft auch der kleine Ball gegen den großen Ball.

Es gibt ein Tennisturnier, das ist irgendwie heilig. Es wird in Wimbledon gespielt, auf heiligem Rasen, auf heiligem Centre-Court, und auch die Erdbeeren mit Schlagsahne, die dort gereicht werden, sind nicht einfach nur Erdbeeren. Manchmal starren die Menschen auf dieses Turnier, in diesem Jahr starren sie nicht, sie gucken Fußball.

Bis Donnerstag, für eine kurze Zeit. Nicolas Mahut ist ein französischer Tennisprofi, John Isner ein amerikanischer. Beide haben seit Dienstag ein Tennismatch gespielt. Das musste am Dienstag abgebrochen werden wegen einsetzender Dunkelheit. Am Mittwoch schlugen sich die beiden wieder die Tennisbälle um die Ohren, noch mal sieben Stunden lang. Als das Bälle-um-die-Ohren-Schlagen auch am Mittwoch kurz nach 21 Uhr Ortszeit abgebrochen werden musste – Dunkelheit hatte sich über den Tennisplatz gesenkt – da war das Spiel immer noch nicht entschieden, es stand im letzten Satz 59:59, über zehn Stunden werkelten die beiden da schon an ihrem Sieg und an der Ausdehnung des längsten Tennismatches in der langen Geschichte des Tennis.

Am Donnerstagnachmittag, die Sonne schien über Wimbledon, da nahmen Nicolas Mahut und John Isner ihr episches Match und ihren Kampf um Aufmerksamkeit wieder auf. Nach elf Stunden und fünf Minuten endete es. Elf Stunden Tennis, das ist wie der verzweifelte Aufschrei eines kleinen Balles, der von dem großen Fußball erdrückt wird, oder auch wie der Versuch der Ameise, die unter den Elefantenfuß geraten ist, wieder hervorzukrabbeln. Mahut und Isner machten kein großes Gerede. Sie droschen ultimativ zu. Der eine schlug 112 Asse, der andere 103. Bumm! Bumm! Das Dröhnen muss auch in Afrika gehört werden, Bumm! Bumm! Hört uns denn keiner! Sieht uns denn keiner! Wir sind doch auch noch da!

Am Ende stand es übrigens 6:4, 3:6, 6:7 (7:9), 7:6 (7:3), 70:68. Aber das nahm kaum einer wahr, weil der große Ball schon wieder rollte. Und Fußball-Weltmeister Italien ausschied. Und David Tennis klein beigeben musste.

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