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Madrid ruft. Die Fans der Boca Juniors verabschiedeten ihre Mannschaft enthusiastisch nach Spanien.

© Alfredo Luna/dpa

River Plate gegen Boca Juniors: Diego Maradona: "Sie sind ein Schandfleck für den Fußball"

Das Endspiel der Copa Libertadores am Sonntag sorgt in Madrid für Ausnahmezustand, ein verärgertes Fußballidol - und viele Fragen zur Sicherheit.

Madrid ist seit Tagen im Finalfieber, irgendwann wurde es aber auch den Fans von Real Madrid zu viel. Dass das eigene Stadion für die Austragung des wichtigsten Duells Südamerikas auserwählt wurde, das macht viele Madrilenen durchaus stolz. Schließlich ist das Estadio Santiago Bernabeu Reals Selbstverständnis zufolge ohnehin der Mittelpunkt der Fußballwelt – wohin hätte man das Final-Rückspiel um die Copa Libertadores zwischen den großen Rivalen River Plate und Boca Juniors am Sonntag (20.30 Uhr/live bei Dazn) auch sonst verlegen sollen? Dass die Feierlichkeiten im Fall eines Sieges von River Plate aber am Cibeles-Brunnen, dem traditionellen Ort der großen Siegespartys von Real Madrid stattfinden sollten, grenzte für einige Fans schon an ein Sakrileg.

Seit Freitag gibt es Entwarnung für alle Madridistas und ebenso für die Fans des Stadtrivalen. Weder am Cibeles- noch am Neptun-Brunnen, wo Atletico seine Titel zelebriert, soll am Sonntag gefeiert werden. Mit womöglich verletzten Gefühlen der lokalen Fußballfans hat die Entscheidung der Behörden aber eher nichts zu tun. Wie so oft in diesen Tagen geht es um die Sicherheit – und die wäre bei einer Entfernung von nur 500 Metern zwischen den zwei Brunnen kaum zu gewährleisten.

Die spanische Polizei bereitet sich in jedem Fall schon mal auf den Ausnahmezustand vor. Seit Tagen berichten Fernsehsender und Zeitungen ausführlich über die Risiken und die geplanten Sicherheitsvorkehrungen. Insgesamt werden mehr als 4000 Beamte im Einsatz sein, allein 2000 von der Nationalpolizei. Das sind deutlich mehr als gewöhnlich beim spanischen „Clasico“. Aller Rivalität zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona zum Trotz ist der argentinische „Superclasico“ aus sicherheitstechnischer Sicht mindestens eine Nummer heikler – und die kurze Vorlaufzeit hat die Planungen der Polizei noch weiter erschwert.

"Sie haben uns die Copa geklaut"

Erst vor etwas mehr als einer Woche wurde das Rückspiel in die spanische Hauptstadt verlegt, nachdem es in Buenos Aires schwere Ausschreitungen gegeben hatte. Nach dem 2:2 im Hinspiel konnte das Duell im Monumental-Stadion von River Plate am 24. November nicht einmal angepfiffen werden. Der Mannschaftsbus von Boca war auf dem Weg zum Stadion von River-Anhängern mit Steinen attackiert worden. Dabei und durch das Reizgas der Polizei wurden mehrere Profis verletzt. Nach einer anfänglichen Verschiebung wurde das Spiel für den nächsten Tag neu angesetzt, nach einem Protest von Boca aber wieder abgesagt.

Da die lokalen Behörden und der südamerikanische Fußballverband Conmebol das Vertrauen in eine sicheres Finalrückspiel in Argentinien offenbar verloren hatten, wurde das Spiel in das etwa 10 000 Kilometer entfernte Spanien verlegt. Welcher Fan solle eine solche Reise bezahlen?, wetterte Boca-Legende Diego Maradona und sparte auch nicht mit Kritik an den Verbandsbossen. „Sie sind ein Schandfleck für den Fußball“, sagte Maradona – und ist beileibe nicht der einzige Kritiker. „Sie haben uns die Copa geklaut“, schrieb etwa die argentinische Sportzeitung „Olé“.

Zumal die Sicherheit auch in Spanien nicht garantiert ist. Denn nicht nur die beiden Mannschaften sind mittlerweile in Madrid gelandet. Zu den etwa 250 000 in Spanien gemeldeten Argentiniern kommen seit Tagen immer mehr dazu. Die Plätze in den Linienflügen nach Madrid waren so schnell ausverkauft, dass Aerolineas Argentinas prompt zwei Sonderflüge arrangierte. Die spanischen Behörden erwarten etwa 400 bis 500 Hooligans der beiden verfeindeten Klubs. Einem vorbestraften Boca-Fan wurde bereits die Einreise verweigert, er wurde zurück in die Heimat geschickt.

Beide Klubs treten nur unter Protest an

Um Chaos und Ausschreitungen zu vermeiden, soll die Hauptstraße Paseo de la Castellana, an der das Stadion liegt, gesperrt werden. Die Fans werden strikt getrennt und von zwei verschiedenen Seiten ans Bernabeu herangeführt – dazwischen gibt es einen Sicherheitspuffer. Anders als in Argentinien, wo seit 2013 aus Sicherheitsgründen keine Auswärtsfans in den Stadien erlaubt sind, werden unter den 81 000 Zuschauern Anhänger beider Mannschaften sein.

Die Stimmung in der Stadt ist zwiegespalten. Viele Spanier freuen sich auf das Finale und Teile Madrids sind bereits in gelb-blau (Boca) sowie rot-weiß (River) gehüllt. Vereinzelt kam es aber auch schon zu Schlägereien. Der Aufruf von Madrids Bürgermeisterin verhallte nahezu ungehört. „Auf dass es um Himmels willen nicht einmal den kleinsten Akt von Gewalt geben wird“, sagte Manuela Carmena. „Möge der Beste gewinnen und auf dass alle dieses Sportereignis genießen.“

Wie auch immer das Endspiel am Sonntag ausgeht, in die Annalen der Copa Libertadores wird die diesjährige Edition als eine der traurigsten eingehen. Nach den Krawallen in Buenos Aires und der umstrittenen Verlegung treten beide Klubs nur unter Protest an. Boca hat bereits angekündigt, im Zweifelsfall bis vor den Internationalen Sportgerichtshof Cas zu ziehen. Die Farce um das erste argentinische Finale der Copa Libertadores wird wohl auch mit dem Schlusspfiff in Madrid kein Ende finden. (mit dpa)

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