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Sport: „Robuste Solidarität“

EU-Kommissar Figel über sauberes Wirtschaften

Herr Figel, im Fußball ist immer mehr Geld im Spiel. Lässt sich das noch kontrollieren?

Das Problem im Sport insgesamt ist ein Mangel an Transparenz. Der kann zu Vertrauensverlusten führen. Außerdem gibt es kriminelle Machenschaften und Korruption. Und da im Sport und ganz besonders im Fußball viel Geld eine Rolle spielt, muss man aufpassen, dass die Glaubwürdigkeit nicht zerstört wird. Deshalb haben wir bei der Erstellung eines „Weißbuch Sport“, das den Zustand des Sports in der Europäischen Union beschreibt, den Fußball besonders in den Blick genommen. Allerdings können wir nur Maßnahmen empfehlen, die vor allem in der Hand der Sportverbände liegen.

Welche Maßnahmen empfehlen Sie denn für mehr Transparenz?

Ein schärferes Lizenzierungssystem zum Beispiel. Wir sind der Meinung, dass Vereine Kriminellen keine Chance geben dürfenen und absolut sauber wirtschaften müssen, ansonsten sollte man ihnen die Lizenz entziehen. Außerdem haben wir in unserem Weißbuch auch Transparenz bei Spielerberatern und Agenten gefordert.

Vereine wie der FC Bayern München fordern eine zentrale Vermarktung der TV-Rechte. In Ihrem Weißbuch ist davon keine Rede. Warum nicht?

Prinzipiell wollen wir Sportorganisationen dazu bewegen, diese Dinge selbst zu regulieren. Natürlich ist die Frage der TV-Rechte eine ökonomische Frage, die mit den Wettbewerbsregeln der EU vereinbar sein muss. Aber diese Regeln schreiben weder eine zentrale noch eine individuelle Vermarktung vor. Es geht schlicht um fairen Wettbewerb und darum, dass keiner eine dominante Position ausnutzt. Wir schlagen keine neuen Regeln oder Gesetze vor. Aber was gewährleistet sein muss, sind robuste Solidaritätsmechanismen.

Kann es diese Solidarität denn überhaupt im Profifußball geben?

Ich würde gerne mehr davon sehen. Aber die Europäische Kommission hat nicht die Macht, in die Kompetenzen des Sports einzugreifen. Wenn wir das tun würden und Solidarität organisieren würden, wäre das eine Überschreitung unseres Mandats. Der Sport muss selbst für diese Solidaritätsmechanismen sorgen.

Ein solcher Solidaritätsmechanismus könnten festgelegte Gehaltsobergrenzen sein. Die werden ja sogar von EU-Politikern gefordert.

Ich verweise hier auf Amerika. Dort gibt es diese Obergrenzen in einigen Sportarten und sie haben zu einem neuen Gleichgewicht und neuer Stabilität geführt. In Europa haben wir eine andere Situation, auch weil es hier unterschiedliche Steuermodelle gibt. Aber diese Diversität ist kein Problem, es ist unsere Definition von Europa. Wir könnten diskutieren, wie so etwas bei uns in Europa aussehen könnte. Denn auch bei uns besteht die Gefahr eines Ungleichgewichts. Es muss klar sein, dass Solidarität im Sport etwas Rationales und Wichtiges ist. Nur: Das muss der Sport selbst erkennen und regeln.

Ist der Einstieg von Investoren wie Roman Abramowitsch beim FC Chelsea für Sie mit robuster Solidarität vereinbar?

Zunächst einmal kann man niemanden verbieten, in einen Verein zu investieren. Ein solches Investment muss aber klaren Regeln folgen. Der Geldfluss muss auf alle Fälle transparent sein. Außerdem muss es auch in einem solchen Fall in einer Liga eine Balance geben. Deshalb fordern wir auch ein einheitliches und scharfes Lizenzierungssystem in Europa. Nur so kann man Korruption vorbeugen.

Was nützt ein europäisches „Weißbuch Sport“, wenn außer Vorschlägen nichts weiter passiert?

Diese Vorschläge sind schon eine ganze Menge. Außerdem ist das eine gute Grundlage – auch für einen möglichen Artikel „Sport“ im neuen EU-Vertrag, der gerade erarbeitet wird und vielleicht 2009 ratifiziert wird.

Das Gespräch führte Christian Tretbar

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