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Roger Federer verlässt den Court.

© rtr

Roger Federer nach dem frühen Wimbledon-Aus: Die Aura verblasst

Nach dem frühen Aus von Roger Federer in Wimbledon kündigt der Schweizer seine Rückkehr zu alter Stärke an. Dennoch steht die Frage im Raum: Ist das Ende der Tennis-Ära Roger Federers gekommen?

Sie hatten sich noch einmal von ihren Plätzen erhoben am Centre Court von Wimbledon, um Roger Federer mit dem wärmsten Applaus zu verabschieden, den die 15 000 Zuschauer geben konnten. Sie zollten dem siebenmaligen Champion Respekt und ihre tiefe Zuneigung, doch es mischte sich auch ein wenig Wehmut mit hinein. Denn so mancher fürchtete, als Federer am Mittwochabend seine Taschen schulterte und gesenkten Hauptes den Rasen verließ, er habe gerade das Ende einer Ära miterlebt.

Der vielleicht beste Spieler aller Zeiten war in der zweiten Runde von Wimbledon nicht nur ausgeschieden, sondern vom Ukrainer Sergei Stachowski teilweise ausgespielt worden. Und wenn schon einer, der in der Rangliste nur auf Platz 116 geführt wird, Federer in dessen Wohlfühlzone mit 6:7, 7:6, 7:5 und 7:6 vorführen kann, dann ist das Signal überdeutlich: Die Gegner haben keine Angst mehr vor dem Schweizer Ausnahmespieler, seine Aura beginnt zu verblassen.

„Man spielt immer gegen zwei Rogers: den Spieler und die Legende“, sagte Stachowski, „das ist doppelt schwer, aber irgendwann im Match dachte ich: Ich gewinne ja tatsächlich.“ Jahrelang hatten sich Federers Gegner reihenweise von seiner Aura einschüchtern lassen, besonders in Wimbledon. Doch in den vergangenen Monaten holten sie ihn mehr und mehr von seinem Sockel herunter, merkten, dass der scheinbar so übermächtige Federer ein Mensch ist und schlagbar. Stachowski hatte sich, wie Steve Darcis zwei Tage zuvor gegen Rafael Nadal, mit viel Mut in einen Rausch gespielt und die Gunst des Augenblicks ausgenutzt. Nie zuvor hatte Stachowski einen Spieler aus den Top Ten bezwungen. Und bekannt wurde er bisher nur als eine der treibenden Kräfte im Spielerrat, die die Erhöhung des Preisgeldes durchboxten. An diesem Abend jedoch spielte er die Partie seines Lebens.

Federer blieb nur die Enttäuschung über sein frühestes Aus in Wimbledon seit elf Jahren. Damals war er in der ersten Runde Mario Ancic unterlegen, dem Weltranglisten-154. Doch das war noch vor Federers Durchbruch. Es hatte danach einige Niederlagen gegeben, die ihn tief erschütterten. In Australien vor vier Jahren weinte Federer gar nach dem verlorenen Finale gegen Nadal, am schlimmsten aber war es für ihn 2008 nach dem epischen Endspiel in Wimbledon, das wieder der Spanier gewann.

Dieses Mal wirkte Federer sehr gefasst, aber auch ein wenig ratlos. Er habe genügend Selbstvertrauen gehabt, sich gut gefühlt, sagte er: „Ich kann mir das nicht erklären.“ Schlecht returniert habe er und bei den wichtigen Punkten sei er nicht gut genug gewesen, analysierte er. Als er nach anderthalb Stunden noch kein Break geschafft hatte, habe er schon gemerkt, dass es nicht rund lief. „Ich bin sehr enttäuscht, dass ich keinen Weg fand, es noch rumzudrehen“, monierte Federer.

Es sollte ein Übergangsjahr für den 31-jährigen Schweizer werden, um sich nach den Torturen der Olympiasaison zu regenerieren und neu aufzustellen. Dafür wollte Federer weniger Turniere spielen. Doch dieser Plan ist nicht aufgegangen, das steht nun fest. In Wimbledon war es erst seine 35. Partie der Saison, aber schon die achte Niederlage – Federer fehlt die Matchpraxis. Im Finale von Halle musste sich Federer bereits gegen Michail Juschni mächtig strecken, einen Spieler, den er bis dahin deutlich in die Schranken wies. Nun geht für Federer nichts mehr leicht, er muss sich Siege erkämpfen. Denn offenbar ist er körperlich momentan nicht so austrainiert, wie er sein sollte.

Wie aus dem Umfeld des Schweizers durchsickerte, hatte Federer während der siebenwöchigen Pause im Frühjahr wohl nicht so intensiv gearbeitet und mehr die freie Zeit genossen. Allzu verständlich nach 17 Grand-Slam-Titeln und etlichen Rekorden. Doch seine beispiellose Serie von 36 Major-Viertelfinals ist nun gerissen. Aber Federer will von Abgesängen nichts hören und kämpfen. „Was soll ich jetzt tun? In Panik verfallen? Sicherlich nicht“, erklärte er, „ich werde nun hart arbeiten, auch wenn es weh tut. Und dann komme ich stärker wieder – auch hier im nächsten Jahr.“

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