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Roger Federer: Rendezvous mit Björn Borg

Nur noch Rafael Nadal kann Roger Federers Aufstieg zu einer lebenden Legende in Wimbledon stoppen.

Schon mit seinem ersten Schritt auf den Centre-Court ist die Botschaft unübersehbar. Roger Federer hat seinen Weg in die Geschichtsbücher von Wimbledon vom ersten Moment an perfekt inszeniert: Mit den langen weißen Hosen, dem dazu passenden cremefarbenen Sakko mit seinen eingestickten Initialen auf der Brusttasche betritt er seit der ersten Runde den Heiligen Rasen und wirkt dabei selbst wie eine Reliquie aus jenen Tagen, als der Tennissport noch in seinen Anfängen lag. Federer arbeitet an seinem Mythos, und das Traditionsturnier scheint wie kein anderes der geeignete Ort dafür zu sein. Das Outfit soll dem Gegner signalisieren: Wer mit ihm in diesen Tagen den Court betritt, spielt nicht nur gegen die unangefochtene Nummer eins der Welt, sondern bereits gegen eine lebende Legende.

Vier Mal in Folge triumphierte Federer schon in Wimbledon, und er lässt nicht den geringsten Zweifel daran zu, dass er in diesem Jahr wieder die Siegertrophäe in Händen halten wird. Die Hauptrolle in diesem Stück ist vergeben, das zeigt Federer schon vor dem ersten Ballwechsel, für die anderen bleibt nur noch die der Statisten. Im bisherigen Turnierverlauf fügten sie sich alle brav in die Rolle, die ihnen zugedacht war, auch das französische Talent Richard Gasquet konnte den Favoriten im Halbfinale nie ernsthaft gefährden. Mit seinem 7:5, 6:3,6:4-Sieg steht Federer im Finale und trifft dort wie schon im Vorjahr auf Rafael Nadal. Sein spanischer Erzrivale profitierte von der verletzungsbedingten Aufgabe von Novak Djokovic beim Stand von 3:6, 6:1 und 4:1, dürfte sich im Endspiel mit der Statistenrollen allerdings nicht zufrieden geben.

Im Finale der French Open in Paris hatte Federer gegen Nadal noch eine schmerzhafte Niederlage erlitten, und dass der Sandplatzspezialist auch auf Gras ein harter Gegner ist, bewies Nadal schon im Vorjahr, als er Federer einen Satz abnehmen konnte. Und der Spanier hat sich weiter verbessert: „Er hat bisher fantastisch gespielt und sehr starke Gegner geschlagen. Nadal hat weiter dazugelernt auf Rasen“, erkannte auch Federer, der sich den Vorwurf gefallen lassen musste, bevorteilt worden zu sein. Während er durch die Absage von Thomas Haas kampflos ins Viertelfinale einzog, hatten seine potenziellen Gegner im unteren Tableau aufgrund der ständigen Regenschauer Marathonmatches über mehrere Tage zu absolvieren. Nadal begann sein Achtelfinale gegen Robin Söderling am Samstag und beendete es erst am Mittwoch. Später beklagte er sich über den traditionell spielfreien Middle Sunday, an dem es ausgerechnet trocken blieb. „Dieses Turnier interessiert sich eben nicht für die Spieler“, ätzte Nadal nach der kräftezehrenden Partie. „Es wird schwer für uns in der unteren Hälfte des Tableaus, Federer noch zu schlagen. Der hatte jetzt eine Woche Urlaub.“

Der Angegriffene selbst stellte seine sechstägige Pause sogar fast als Nachteil hin. Da er in diesem Jahr auf ein Vorbereitungsturnier verzichtet habe, fehle ihm im Moment die Matchpraxis, so Federer. Und ein wenig langweilig sei es ihm auch geworden, zum Friseur sei er gegangen, ein paarmal durch die Stadt gebummelt und habe viel Karten gespielt. Den spielfreien Sonntag verteidigte Federer natürlich: „Das Turnier tut so viel für uns. Jetzt wird sogar ein Dach gebaut. Da kann man sich doch nicht beschweren, wenn es hier mal regnet. Das tut es eben oft hier.“

Dennoch dürfte Federer ausgeruhter und entspannter ins Finale gehen als Nadal, der nach dem zermürbenden Achtelfinale auch noch zweimal über fünf Sätze gehen musste. Allerdings ist die Physis der größte Vorteil im Spiel des Spaniers. „Ich fühle mich fit und habe die Matches gut weggesteckt. Ich bin bereit und spiele besser als im letzten Jahr. Ich werde alles gegen Roger geben“, erklärte Nadal selbstbewusst. Federer schien sich dagegen schon mehr mit seiner Verabredung mit der Geschichte zu beschäftigen. Sollte er am Sonntag zum fünften Mal in Folge gewinnen, würde er den Rekord von Björn Borg egalisieren. Der Schwede weilte erst zum zweiten Mal überhaupt als Zuschauer in Wimbledon und das nur, um Federer in dessen Halbfinale zu unterstützen. „Es ist toll, dass er hier ist. Ich habe so viel Respekt vor ihm. Das gibt mir noch mal einen weiteren Kick“, freute sich Federer. „Ich hoffe, ich werde nicht zu nervös sein, wenn er im Finale wieder auf der Tribüne sitzt. Es wäre ein Traum, mit ihm gleichzuziehen.“

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