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Trophäensammler. Roger Federer (l.) lässt sich künftig von seinem Kindheitsidol Stefan Edberg trainieren und liegt mit dieser Wahl voll im aktuellen Tennistrend.

© AFP

Roger Federer und Trainer Stefan Edberg: Gentlemen unter sich

Roger Federer engagiert Stefan Edberg als neuen Trainer und hofft, mit dem ehemaligen Weltranglistenersten wieder zu alter Stärke zurückzufinden. Damit liegt er voll im aktuellen Tennistrend, wie nicht nur Boris Beckers neuer Trainerjob bei Novak Djokovic zeigt.

Kürzlich, am Rande der US Open, da standen sie alle beisammen im feudalen Ballsaal des New Yorker Waldorf Astoria. Zumindest der Großteil der 25 Tennischampions, die während der vergangenen 40 Jahre einmal die Nummer eins der Welt gewesen sind. Roger Federer ließ sich den Termin natürlich nicht entgehen, denn zwischen den Großen früherer Tage ist der Schweizer vor allem eins: ein glühender Fan. Und so genoss Federer den Abend zwischen den Lendls, Borgs, und McEnroes, glücklich wie ein Kind allein im Spielzeugladen. Besonders, weil er endlich mal wieder Stefan Edberg traf. „Er ist mein Kindheitsidol“, freute sich Federer damals mit leuchtenden Augen. Und was lag da näher, als seinen Helden von einst nun zu seinem Hoffnungsträger für die Zukunft zu machen. Für zehn Wochen wird der 47 Jahre alte Schwede Federer auf der Tour begleiten, soll den 17-maligen Grand-Slam-Sieger zu alter Stärke führen. „Ich freue mich so darauf, Zeit mit ihm zu verbringen und von ihm zu lernen“, erklärte der Schweizer im australischen Brisbane, wo er in der nächsten Woche in die Saison startet – so früh wie nie. Dort wird Edberg noch fehlen, erst bei den Australien Open in Melbourne beginnt ihre Zusammenarbeit.

Federer folgt mit der Verpflichtung Edbergs einem Trend, den er vor Jahren selbst mit angestoßen hat, als er mit dem Australier Tony Roche arbeitete. Sich den Rat und die Erfahrung ehemaliger Champions zunutze zu machen, hat sich bewährt für die Besten, denen niemand mehr das Tennisspielen beibringen muss. Zuletzt führte Ivan Lendl Andy Murray nach zuvor vier verlorenen Endspielen zu zwei Grand-Slam-Titeln. Novak Djokovic erhofft sich einen ähnlichen Leistungsschub von Boris Becker, wie der japanische Shootingstar Kei Nishikori nun auf Michael Chang vertraut. Nur Jimmy Conners blieb seinem Ruf als sperriger Querkopf treu und wurde von der Russin Maria Scharapowa nach nur einem Match wieder gefeuert. Mit Edberg wird Federer aber sicherlich keine Bruchlandung erleiden, im Gegenteil, der ruhige Schwede könnte ein Glücksgriff für ihn werden nach seiner schwächsten Saison seit zehn Jahren. „Ich hoffe, dass wir gemeinsam wieder Rogers bestes Tennis hervorbringen können“, kündigte Edberg an, der vor Weihnachten bereits eine Trainingswoche mit Federer in Dubai absolviert hatte, bevor er für die Saison zusagte. Sie sind sich sehr ähnlich, in ihrer ästhetischen Spielweise wie auch ihrer Art als galante Gentlemen.

Stefan Edberg hatte mit seinem eleganten Serve-and-Volley-Spiel vor allem den Rasen von Wimbledon beherrscht, der auch Federers absolute Wohlfühlzone ist. Zweimal triumphierte der Schwede dort in Finalspielen gegen Becker. Der Deutsche gratulierte Federer am Samstag via Twitter dann auch gleich zu seiner Trainerwahl und freut sich offenbar schon auf die Wiederbelebung der alten Rivalität in neuen Positionen. Wie Becker gewann Edberg insgesamt sechs Grand-Slam-Trophäen, 72 Wochen lang war er die Nummer eins der Tenniswelt. Edberg weiß, was es bedeutet, ganz oben zu stehen, kennt jedoch genauso das Gefühl des Scheiterns und wie man sich wieder aufrappelt. Einen wie ihn braucht Federer jetzt, einen kühlen Analytiker, der sein vernachlässigtes Netzspiel zu einer Waffe macht. Einen, der ihn versteht.

Stefan Edberg hatte ihm mal gesagt: „Weißt du, das Beste überhaupt ist, dass man seinen Kindern später erzählen kann, Papa war mal die Nummer eins.“ Dieser Gedanke hatte Federer schon bei seinen inzwischen vierjährigen Töchtern beseelt, nun wird er im nächsten Jahr zum dritten Mal Vater – an Motivation mangelt es dem 32-Jährigen also nicht. Gut möglich, dass die Abgesänge zu früh angestimmt wurden. Petra Philippsen

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