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Sport: Ronaldo? Kein Problem

Gerd Müller nimmt es gelassen, dass sein Torrekord nach 32 Jahren gebrochen wurde

Berlin - Gerd Müller lächelt nur. Eine Mutter hält dem ehemaligen Stürmer ein kreischendes Kleinkind vor die Nase, er möge doch bitte unterschreiben, auf jedem Hosenbein einmal. „Wir brauchen doch Nachwuchs“, sagt Müller. Als das dritte Fernsehteam in Folge ein exklusives Interview machen möchte, runzelt er kurz die Stirn. Der 60-Jährige ist zu diesem Zeitpunkt bereits über eine Dreiviertelstunde ununterbrochen im Einsatz. „No problem“, sagt er schließlich. Die erste Frage beantwortet Müller sogar in Englisch, dann benötigt er aber doch einen Dolmetscher.

Gerd Müller bewahrt an diesem sonnigen Nachmittag vor dem Reichstag ebenso die Ruhe wie einst im Strafraum. Als ihm die Frage gestellt wird, was er denn davon halte, dass nun sein Torrekord nach 32 Jahren gebrochen sei, muss er keine Sekunde überlegen: „Es war doch abzusehen, dass es irgendwann so kommen würde.“ Und Ronaldo, ist das ein würdiger Nachfolger? „Er ist ein guter Stürmer.“ Man glaubt es dem Mann, der so langsam und mit einem bayerischen Akzent spricht. Er ist nicht enttäuscht darüber, dass der brasilianische Nationalspieler Ronaldo drei Treffer bei dieser Weltmeisterschaft erzielt hat und nun auf insgesamt 15 Tore kommt.

Vielleicht weiß Müller, dass seine unorthodoxen Drehungen, nach denen er stets am Boden und der Ball im Tor lag, unvergessen bleiben werden. „Ronaldo schießt seine Tore so ähnlich, wie ich das gemacht habe, häufig im Sechzehner. Aber er kann es auch von außerhalb“, sagt der ehemalige Stürmer von Bayern München. 14 Tore gelangen ihm bei zwei Weltmeisterschaften. Ronaldo benötigte drei Turniere, um diesen Rekord zu brechen. In 62 Spielen für die deutsche Nationalmannschaft schaffte Müller 68 Tore – eine unvergleichlich hohe Quote.

Ganz nebenbei präsentierte Müller gestern die goldene Trophäe in Schuhform, die dem Torschützenkönig des Turniers 2006 übergeben werden soll. Wer die erhält? „Klose oder Ronaldo.“ Müller zuckt mit den Achseln – von allzu großem Belang ist diese Frage anscheinend nicht für ihn. Wenn er bei dieser Weltmeisterschaft mitgespielt hätte, „dann hätte ich zehn Tore geschossen“. Ohnehin sei die deutsche Mannschaft von damals stärker gewesen als die von heute. Das sei aber schwierig zu vergleichen. „Die Atmosphäre ist eine ganz andere“, sagt Müller. „Der Enthusiasmus ist riesig.“ Deutschland wird Weltmeister, glaubt er. „Wenn wir Argentinien schlagen.“ Sein Tipp: Die Begegnung entscheidet sich erst im Elfmeterschießen.

Kurz bevor Gerd Müller nach einer knappen Stunde Rummel um seine Person im VIP-Zelt verschwindet, zeigt er noch einmal Größe. Er schüttelt jedem der fünf Security-Leute, die ihn vor allzu aufdringlichen Autogrammjägern beschützt hatten, die Hand. „Er hat mich berührt“, sagt einer von ihnen danach.

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