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Sport: Rosarot war gestern

Nach anfänglichen Erfolgen verfällt Schalke unter dem Trainerduo Büskens und Mulder in den alten Trott

Mike Büskens wirkte desillusioniert. Nach dem Spiel war der Übergangstrainer des FC Schalke 04 in Enttäuschung vereint mit den Fans, die draußen pfiffen und murrten. Anders als die Menschen an der Basis aber tat er so, als wäre nicht die schwache Leistung seines Personals oder das dürftige 1:1 gegen Hannover 96 zu beklagen, sondern die schlechte Stimmung, die sich in Gelsenkirchen kurz vor den Schlussetappen dieser Bundesliga-Saison allmählich schon wieder breit macht. „So schnelllebig ist das Geschäft. Gestern war noch alles rosarot, heute ist alles wieder schlecht“, sagte der Fußballlehrer. Niemand habe annehmen dürfen, dass die Mannschaft alle Spiele bis Saisonende würde gewinnen können. Aber ein Heimsieg gegen mittelmäßige Hannoveraner hätte selbst bei moderaten Ansprüchen ins Beuteschema gepasst.

Mehr Anlass zur Sorge als das Ergebnis gibt aus Schalker Sicht die Art, wie es zustande kam. Wo war nur die Leichtigkeit geblieben, zu der Büskens und sein Kompagnon Youri Mulder den Spielern scheinbar verholfen hatten? Gegen Hannover erinnerte auf dem Rasen viel an die faden Vorstellungen, die Schalke unter dem vorherigen Cheftrainer Mirko Slomka oft abgeliefert hatte. Wie von unsichtbaren Lasten gedrückt bereitete die Mannschaft sich und ihren Fans ein böses Erwachen. Das vermeintliche Stimmungsduo an der Seitenlinie stieß schon im dritten Spiel an Grenzen. Hat die Spaßtherapie des Trainerduos am Ende nur einen Placebo-Effekt erzeugt? Manager Andreas Müller eilte dem Trainergespann verbal zur Hilfe. In der Kürze der Zeit sei es unmöglich, alle Mängel zu beheben. „Es gibt einige Dinge zu verbessern, in den nächsten Wochen und vor allem im neuen Spieljahr.“

Statt im Kampf um einen Platz in der Champions League mit dem Tabellenzweiten Werder Bremen Schritt zu halten, spüren die drittplatzierten Schalker nun wieder den Atem der Verfolger Hamburg und Stuttgart, die ihren Rückstand auf vier Punkte verringerten. Büskens spürte das Stimmungstief, sah aber nur, was er sehen wollte. Es sei doch positiv zu werten, dass seine Elf sich nach dem frühen Freistoßtreffer von Arnold Bruggink nicht habe hängen lassen. „Wir haben uns zurückgekämpft.“ Die lobenswerte Kampfkraft genügte allerdings nicht, um die jederzeit abwehrbereiten Niedersachsen zu bezwingen. Das Bemühen des Favoriten erschöpfte sich im Ausgleichstor von Halil Altintop. Gegen den Trend des Tages hatte der türkische Stürmer sich gegen drei Hannoveraner Abwehrkräfte durchgesetzt, ehe er Torhüter Robert Enke überwand.

In alte Spielmuster zurückgefallen, kam manchem Schalker aufs Neue eine Erkenntnis, die längst verinnerlicht schien. „Wenn man das Ziel hat, in der Champions League zu spielen, reicht es nicht, nur in zwei Spielen zu glänzen“, sagte der ehrgeizige Mittelfeldspieler Jermaine Jones. Nach dem Trainerwechsel hatte Schalke beim 5:0 gegen eine an jenem Abend desolate Elf von Energie Cottbus geglänzt; beim 1:0 in Hamburg hatte das Ergebnis den meisten Glanz erzeugt. Dann zeigte sich prompt wieder, dass eine der wenigen Schalker Konstanten in einem Mangel an Konstanz besteht. Drei Runden vor dem Bundesliga-Schlussgong bleibt die Frage: Fehlt es dem Aufgebot an Qualität oder sind die Ansprüche zu hoch?

Jones hatte sich dieser Frage jüngst mit einem sachdienlichen Hinweis genähert, ohne es zu wollen, wie er inzwischen beteuert. Er wolle weiterhin in der Champions League kicken und träume davon, eines Tages das Trikot berühmter Klubs wie Manchester United oder Real Madrid zu tragen. Solche Träumereien gehören zum Fußballgeschäft und wären leicht zu vernachlässigen. Aber wenn nicht einmal gegen ein Mittelklasseteam wie das aus Hannover ein Sieg gelingt, erscheinen solche Ambitionen in einem anderen Licht. Ist Schalke Jones nicht mehr gut genug? Doch, doch, antwortete er und relativierte seinen Anspruch, zumindest in zeitlicher Hinsicht. Er habe nicht die Absicht, Gelsenkirchen schon nach dieser Saison zu verlassen. Es sei doch nur natürlich, wenn ein Fußballspieler davon träume, „für einen Top-Verein zu spielen“. Dazu gehört Schalke noch nicht. „Ich habe doch nur gesagt, dass ich in der Champions League spielen will“, sagte Jones. Diesen frommen Wunsch teilt er mit ganz Schalke.

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