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© Roter Stern Leipzig

Roter Stern: Studenten, Frauen, Ökos, Hippies

Viele Klubs mit dem Namen Roter Stern sind Ziele von Angriffen. Auch in Zwickau randalieren Zuschauer.

Berlin - Einem Zuschauer wird noch eine Platte in seinen gebrochenen Arm eingesetzt werden, dort, wo die Eisenstange den Knochen zertrümmert hat. Ein weiterer Fan von Roter Stern Leipzig liegt eine Woche nach dem Bezirksklassespiel beim FSV Brandis noch mit einem gebrochenen Jochbein im Krankenhaus. Etwa 50 rechte Schläger hatten am vergangenen Sonnabend das Stadion in der sächsischen Kleinstadt gestürmt und die Fans des linken Klubs attackiert. „Das Problem rechter Hooligans und Fans ist für uns enorm“, sagt Roter Sterns Presseverantwortliche Claudia Krobitzsch.

Vor zehn Jahren gründete sich der Klub mit einem politischen Selbstverständnis, das sich „gegen Rassismus, Sexismus und Homophobie“ richtet, wie Krobitzsch sagt. „Das tragen wir auch nach außen – manche finden das provokant. Wir wissen schon, wie wir auftreten.“ Kurzzeitig wurde der Verein wegen seiner Nähe zur linken Szene sogar vom sächsischen Verfassungsschutz beobachtet, Krobitzsch bezeichnet Roter Sterns Publikum als „fußballuntypisch“: viele Studenten, viele Frauen, „’n paar Ökos, ’n paar Hippies“, der Großteil aus dem „linken und alternativen Spektrum“. Seit 1999 ist der Klub mehrfach Ziel von Angriffen gewesen.

Nach dem Leipziger Vorbild haben sich mittlerweile mehrere Klubs mit dem gleichen Namen gegründet. Doch mit ihrer politischen Haltung und dem Vereinsnamen bekommen sie oft Probleme. Manche Vereine verzichten deshalb darauf, Fotos oder Namen auf ihren Internetseiten zu veröffentlichen. Am 11. Oktober versuchten Hooligans bei einem Spiel der untersten Kreisklasse zwischen Roter Stern Lübeck und dem VfB Lübeck III, den RS-Anhang verbal zu attackieren. Zeugen sprechen auch vom Hitlergruß, von Flaschenwürfen und dem Anspucken von Spielern. Zu Festnahmen oder Anzeigen sei es nicht gekommen, sagte ein Polizeisprecher. Roter Stern Lübeck ist laut Satzung „politisch und konfessionell neutral“. Trotzdem hat der 2008 gegründete Klub viele Anhänger und Mitglieder in der linken Szene. Schatzmeister ist der Lübecker Kreisvorsitzende der Linken, Ragnar Lüttke. Auch der Bundestagsabgeordnete der Partei, Wolfgang Neskovic, bekennt sich als Förderer des Vereins.

Die Vereine Roter Stern Altenburg und Roter Stern Halle sind ebenfalls schon angegriffen worden. So prügelten beim Stadtliga-Saisonauftaktspiel zwischen RS Halle und SG Motor Halle II im August Gewalttäter verbunden mit rassistischen und beleidigenden Sprüchen auf Fans von RS Halle ein, es gab zwei Verletzte. Andere Klubs wie Roter Stern Hofheim, Roter Stern Wehringhausen oder Roter Stern Flensburg, die sich in ihrer Eigenbeschreibung ebenfalls als alternativ verstehen, sind noch nicht angefeindet worden.

Auch dem Berliner Klub Roter Stern Nordost ist seit seiner Gründung 2005 nichts Negatives widerfahren. „Aber wir halten es für wahrscheinlich, dass irgendwann etwas passiert“, sagt Vereinssprecher Julius Martin. Claudia Krobitzsch spielt bei Roter Stern Leipzig in einer Frauenmannschaft. „Da mussten wir noch nie Angst haben“, sagt sie. Spielerinnen seien allerdings als „Zecken“ beschimpft worden. Krobitzsch ist sich nicht sicher, ob das überhaupt erwähnenswert ist. „Vielleicht sind wir aber schon abgestumpft.“

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