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© dpa

Rückblick: Zwei Märchen und jede Menge Crashs

Die Formel 1 präsentierte sich auch 2009 gewohnt verrückt – der Rückblick auf die Affären der Saison.

Der Abschluss ist noch einmal bombastisch: 400 Millionen Euro soll die neue Strecke von Abu Dhabi gekostet haben, die der deutsche Architekt Hermann Tilke in die Wüste gesetzt hat. Hier wird am Sonntag (14 Uhr/live RTL und Sky) das letzte Formel-1-Rennen der Saison gefahren, in das Red-Bull-Pilot Sebastian Vettel als Zweiter hinter dem entthronten Weltmeister Lewis Hamilton im McLaren starten wird. Die futuristisch anmutende Anlage auf einer künstlich aufgeschütteten Insel mit dem in der Nacht sphärisch erleuchteten Yas-Marina-Hotel in der Mitte – das Bild ist der komplette Kontrast zu dem großen Hauptthema der Formel 1 2009: Sparen, sparen, sparen. Andererseits passt es aber auch ein bisschen zu der überspannt-überdrehten Formel-1-Welt, die sich ganz gern für den Mittelpunkt der Erde hält und die auch in diesem Jahr aus sich heraus eine Flut von Skandalen, aber auch Überraschungen gebar.

Immer wieder Streit ums Geld

Spätestens durch den Honda-Ausstieg Ende 2008 aufgeschreckt, verordnete Automobilverbands-Präsident Max Mosley der Formel 1 einen radikalen Sparkurs – oder versuchte es zumindest. Sehr zum Ärger der Teamvereinigung Fota und der großen Herstellerteams, die von Budgetlimits von 30 oder 45 Millionen Euro überhaupt nichts wissen wollten. Die Schlammschlacht über Monate mit Abspaltungsdrohungen der Teams führte zu einer unnötigen Verhärtung der Fronten. Der Kompromiss, in drei Jahren allmählich auf zweistellige Millionenetats zu kommen, funktionierte wohl nur, weil Mosley nicht mehr zur Wiederwahl antrat – neuer Fia-Präsident wurde sein Statthalter Jean Todt. Den Ausstieg von BMW zum Saisonende konnte Mosley allerdings auch nicht mehr verhindern.

Weltmeister von Diffusors Gnaden

Der Doppeldiffusor, mit dem die Autos des Honda-Nachfolgeteams Brawn zu Saisonbeginn auftauchten, war das Streitthema der ersten Saisonhälfte. Die Fia erlaubte das aerodynamische Bauteil schließlich und sorgte damit dafür, dass das Brawn-Team einen Riesenvorsprung in der WM herausfahren konnte. Jenson Button gewann von den ersten sieben Rennen sechs und verteidigte den ersten Platz bis zum Schluss. Der Aufstieg des Mannes, der schon zum reinen Mitfahrer abgestempelt war, zum Weltmeister, ist sicher eines der größten Märchen in den letzten 20 Jahren Formel 1.

Vettels Aufstieg und der verpasste Titel

Sebastian Vettel hat sich 2009 endgültig unter den Spitzenpiloten etabliert. Sein Team Red Bull konnte als einziges von Anfang an mit Brawn mithalten, hatte dann später sogar oft das schnellste Auto – aber ein paar Pannen zu viel. Auch Vettel selbst unterliefen einige Fehler, die den ganz großen Triumph verhinderten. So bleibt nicht nur das Bild des jubelnden dreifachen Saisonsiegers, sondern auch des mit den Tränen kämpfenden Vettel in Brasilien, als er den Titel endgültig an Button verloren hatte. In der kommenden Saison will der 22-Jährige aber wieder angreifen, „mit all dem, was wir jetzt in diesem Jahr gelernt haben“. Und das dürfte eine ganze Menge sein.

Der Rücktritt vom Comeback

Die Sportwelt stand kopf, ein Ansturm auf Eintrittskarten brach los, sogar Franz Beckenbauer wollte plötzlich wieder Formel-1-Rennen gucken. Verantwortlich dafür war ein Mann, der in der vierwöchigen Sommerpause das Märchen der Saison produzierte. Seinen Anfang nahm es beim Rennen in Budapest Ende Juli: Ferrari-Pilot Felipe Massa wurde von einer Aufhängungsfeder am Helm getroffen, raste fast ungebremst in die Streckenbegrenzung und fiel dadurch bis zum Saisonende aus. Michael Schumacher, Berater bei Ferrari und inzwischen 40, kündigte an, einspringen zu wollen. Doch das Comeback des Rekordweltmeisters blieb ein Märchen, weil Schumachers nach einem Motorradunfall lädierter Nacken sein Veto einlegte. Tief enttäuscht sagte Schumacher sein Comeback wieder ab und spielte den Fahrlehrer für seinen Ersatzmann Luca Badoer, der dem Feld trotzdem abgeschlagen hinterhereierte.

Der Absturz des Establishments

Ferrari und McLaren-Mercedes, die Dauersieger der vergangenen Jahre, hatten diesmal nichts mit dem Titelrennen zu tun. Zum Teil deswegen, weil sie bis zum letzten Rennen 2008 im WM-Titelkampf steckten und die Entwicklung des neuen Autos nach dem stark veränderten Reglement hintenangestellt hatten. McLaren schaffte es immerhin, in der zweiten Saisonhälfte wieder zum echten Siegerteam zu werden. Bei Ferrari dagegen steckte man relativ bald auf, stellte die Weiterentwicklung am aktuellen Auto ein und holte nur noch einen glücklichen Sieg in Belgien. Den Italienern bleibt nur die Hoffnung auf das nächste Jahr – dann mit dem zweimaligen Weltmeister Fernando Alonso neben Felipe Massa.

Der Totalcrash des Flavio Briatore

Der Skandal des Jahres war ohne Zweifel „Crashgate“. Der Brasilianer Nelson Piquet junior beschuldigte seinen Teamchef Flavio Briatore nach seinem Rauswurf bei Renault, ihn in Singapur 2008 zu einem absichtlichen Unfall animiert zu haben, um Fernando Alonso zum Sieg zu verhelfen. Briatore wehrte sich mit der Preisgabe von Details aus Piquets Privatleben, doch es sollte der letzte Akt seiner schillernden und von vielen Tricksereien geprägten Grand-Prix-Karriere sein. Obwohl es außer dem Geständnis des ebenfalls beschuldigten Technikchefs Pat Symonds keinen endgültigen Beweis gibt, wurden die beiden mutmaßlichen Drahtzieher von Renault gefeuert und Briatore auf Lebenszeit aus der Formel 1 ausgeschlossen.

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