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Sport: Rückkehr eines Verbannten

Frank Rost spielt heute mit dem HSV bei seinem alten Verein Schalke

Es wäre eine schöne Sache für Frank Rost gewesen, am Mittwoch nach Köln zu fahren und einen seltenen Preis abzuholen. Bei Europas größer Bildungsmesse „didacta“ sind für ihre Kampagnen gegen Analphabetismus zwei Prominente als Bildungsbotschafter ausgezeichnet worden: Schauspieler Peter Lohmeyer („Helden von Bern“) und eben der Fußballprofi Frank Rost, der sich als Schirmherr des Projekts „F.A.N – Fußball. Alphabetisierung. Netzwerk“ aktiv verdingt. Doch während Lohmeyer in Köln in die Kameras lächelte, warf sich Rost im Hamburger Schmuddelwetter in den Dreck. Vor dem Spiel heute bei Schalke 04 duldete Trainer Huub Stevens keine Ausnahmen. Die Begegnung beim Spitzenreiter ist brisant – für Stevens und Rost, die zwei Ex-Schalker, erst recht.

Vor allem in dem 33-jährigen Schlussmann, der sich mitten in der Hinrunde nach 279 Bundesliga- und vier Länderspielen zu Unrecht auf die Bank verbannt fühlte und im Winter zum Hamburger SV flüchtete, brodelt es. „Ich dachte, ich würde sieben oder acht Jahre auf Schalke bleiben – Pustekuchen“, sagt Rost heute. Als Nummer zwei hätte er dort nicht bleiben können. Der Wechsel zum HSV sei die richtige Entscheidung gewesen. „Man muss auch mal loslassen können“, sagt Rost. Doch das gelingt „Fäustel“, so sein Spitzname wegen seiner übergroßen Hände (Größe 13), selbst noch nicht so ganz: Seine aufwändige Homepage ist noch immer mit allerlei Schalker Websites verlinkt, bei den Ultras Gelsenkirchen bezahlt er Beitrag, seine im November 2005 geborene Tochter Elisa-Annabel ist Mitglied beim heutigen HSV-Gegner. Auch mit Ex-Manager Rudi Assauer („Ohne ihn ist ein Stück Authentizität und Geradlinigkeit verloren gegangen“) steht er in Kontakt.

Die Brisanz der Rückkehr wird befeuert durch neueste Vorwürfe, offenbar gestreut von Rosts Intimfeinden im Westen. Der Torhüter soll, so berichtet „Sport-Bild“, gleich zweimal in der Kabine mit dem Brasilianer Lincoln handgreiflich aneinandergeraten sein, einmal trug der gerade wegen Tätlichkeit gesperrte Spielmacher, so hieß es, ein blaues Auge davon. Rost beißt sich, wird er auf dieses Thema angesprochen, auf die Zunge. Mühsam. Seine Medienberatungsfirma Welt-Sport GmbH hat nicht einmal ein Dementi verfasst, für so hanebüchen hält PR-Beraterin Sabiene Hemkes die Story. Dass Schalkes Samba-Fraktion um Marcelo Bordon, Kevin Kuranyi oder Lincoln in herzlicher Abneigung zum unbequemen Torwart und dessen Gefolgschaft stand, ist kein Geheimnis. Aber Fakt sei: Rost habe niemals einen Mitspieler geschlagen, „das letzte Mal handgreiflich wurde Frank vielleicht in der dritten Schulklasse“, meint Hemkes. Überdies würden Begriffe wie Hass und Rache nicht im Wortschatz des in Chemnitz geborenen und in Leipzig aufgewachsenen Sportlers vorkommen. Schon in jungen Jahren in der FU7 der Kinder- und Jugendsportschule Leipzig lernte Rost, Sohn der international sehr erfolgreichen ehemaligen DDR-Handball-Nationalspieler Christina und Peter Rost, sich unterzuordnen. „Ich bin ein absoluter Mannschaftsspieler“, sagt Rost.

Ein Gräuel ist dem Ehrgeizling, wenn er auf unprofessionelle Auffassungen trifft. In Hamburg ist er konstruktiv dagegen angegangen, hat nach ersten verheerenden Eindrücken das Gespräch gesucht. Die jüngsten Erfolge des HSV sind auch sein Verdienst. „Ich bin in einer Situation gekommen, in der die Mannschaft nicht wirklich funktioniert hat“, erzählt er. „Da war es wichtig, dass jeder ein bisschen von seinem Ego abgegeben hat.“ Der knorrige Fußballlehrer Huub Stevens ist sein wichtigster Verbündeter. Rost berichtet: „Er unterscheidet Spaß und Arbeit, gibt gerne den kleinen Finger, aber wer die ganze Hand nimmt, kriegt was hinter die Löffel.“ Rost wünscht sich, dass Stevens „nachhaltig arbeiten“ kann beim HSV.

Sein eigener Vertrag läuft bis 2009, er geht davon aus, an der Elbe seine Karriere zu beenden, „aber man weiß ja nie, ob man den Ansprüchen eines Vereins noch genügt“. Enge Verbindungen können sich schnell lösen. Das weiß Frank Rost.

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