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Sport: Rückschlag für die Kreativität Spielerisches kommt bei der Handball-EM zu kurz

Lillehammer - Es sieht aus wie ein technischer Fehler im Schülerhandball. Der Schwede Jonas Larholm will aus unbedrängter Lage einen einfachen Pass zum Nebenmann spielen, rund vier Meter beträgt die Entfernung – aber der Ball fliegt einen Meter zu hoch und rauscht ins Seitenaus.

Lillehammer - Es sieht aus wie ein technischer Fehler im Schülerhandball. Der Schwede Jonas Larholm will aus unbedrängter Lage einen einfachen Pass zum Nebenmann spielen, rund vier Meter beträgt die Entfernung – aber der Ball fliegt einen Meter zu hoch und rauscht ins Seitenaus. Ungläubige Gesichter produziert dieser Ball in der Hakons Hall in Lillehammer, in der an diesem Wochenende die Finalspiele der EM stattfinden. Ist das tatsächlich Larholm gewesen, einer der besten Rückraumspieler der Welt? Dass es in diesem Spiel um Platz fünf gegen Norwegen noch um etwas geht, weil sich der Fünfte für die WM 2009 in Kroatien qualifiziert – das fällt den Zuschauern, die stolze 100 Euro Eintritt zahlen mussten, schwer zu glauben. Am Ende können die Schweden jubeln. Nach Verlängerung haben sie sich gegen den EM-Gastgeber mit 36:34 durchgesetzt.

Es ist ja nicht so, dass Larholm in dieser Szene gegen Norwegen nicht wollte. Aber sieben Spiele in zehn Tagen hat der 25-Jährige in den Beinen. Larholm wirkt so ausgelaugt wie ein mäßig trainierter Hobbyläufer, der am Ziel eines Marathons angekommen ist. Das findet ein Kenner wie Uwe Schwenker unerträglich. „Ich sehe nur müde Krieger, keinerlei taktische Weiterentwicklungen“, sagt der Manager des THW Kiel. Die Folge ist, so lautet der Konsens unter den Experten, ein spieltaktischer Stillstand, wenn nicht gar Rückschritt. Ein Tenor, der einen gefährlichen Zustand signalisiert: Entwickelt sich eine Sportart nicht weiter, kreieren die offensiven Reihen irgendwann keine neuen Konzepte mehr gegen immer besser präparierte Verteidigungsreihen, verharrt man irgendwann in einer spieltaktischen Krise. Folge: Ein unattraktives Spiel, das die Zuschauer womöglich langweilt.

„Das, was den Handball in den letzten Jahren so attraktiv gemacht hat, die gewachsene Athletik und das Tempo, das sehe ich bei dieser EM nicht“, verdeutlicht Schwenker. Die taktische Neuerung der Schnellen Mitte – der sofortige Konter nach einem Gegentor–, die eine Beschleunigung des Spiels nach sich zog, sei mit teilweise acht Partien in elf Tagen unmöglich, meint Uli Roth, der Trainer des TV Großwallstadt: „Das geht gar nicht. Und die Teams, die hoch führen, gehen automatisch vom Gas.“ Erik Eggers

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