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Wieder hungrig. Tiger Woods ist mit Team USA Favorit auf den Sieg beim Ryder Cup 2018.

© Reuters

Ryder Cup 2018 in Paris: Wie ein Ufo in der Landschaft

Am Freitag beginnt der Ryder Cup in der Nähe von Paris. Wirkliche Golf-Begeisterung herrscht in Frankreich aber nicht.

Der Ryder Cup ist eines der größten Sportereignisse der Welt – für US-Amerikaner und auch für Briten. Aber für Franzosen? „Die Menschen hier kümmert der Ryder Cup überhaupt nicht. Ehrlich gesagt, weiß niemand außerhalb der Golfszene, dass der Ryder Cup in diesem Jahr in Frankreich stattfindet“, sagte Michael Lorenzo-Vera kürzlich der New York Times. Ob der 28 Jahre alte Profi aus Bayonne Recht hat, wird sich am Wochenende zeigen, wenn der traditionsreiche Kontinentalwettbewerb auf dem Albatros Course des Clubs „Le Golf National“, rund 40 Kilometer südwestlich von Paris, zum insgesamt 42. Mal ausgetragen wird. Es ist nach dem spanischen Valderrama 1997 erst das zweite Mal, dass der Ryder Cup auf dem europäischen Festland Station macht. Angesichts von 39 Jahren Team Europa eine überschaubare Bilanz.

Lorenzo-Vera wird das Spektakel als Zuschauer verfolgen, für die zwölfköpfige europäische Auswahl konnte er sich nicht qualifizieren, genauso wenig wie ein anderer Spieler aus dem Gastgeberland. Auch ein deutscher Golfer fehlt diesmal. Der dänische Team-Kapitän Thomas Björn setzt stattdessen auf sechs Engländer, zwei Spanier, zwei Schweden, einen Dänen und einen Italiener. „Es werden nicht viele Franzosen kommen, dafür umso mehr Engländer“, glaubt Lorenzo-Vera. Rund 80 000 Zuschauer fasst der Golfplatz an jedem der drei Spieltage von Freitag bis Sonntag, nicht einmal der Hälfte der Tickets wurde in Frankreich verkauft. Briten und Iren werden fast genauso zahlreich vertreten sein wie die Einheimischen. Und auch etwa 7500 Amerikaner haben sich angekündigt. Der Ryder Cup feiert sich selbst innerhalb einer mehr oder weniger geschlossenen Partygesellschaft, die aus den immer wieder gleichen Protagonisten besteht. Der Vorteil der aktuellen Auflage: Der Spaß ist nicht ganz so teuer. Während vor vier Jahren im schottischen Gleneagles die Preise für Unterkünfte schon Monate vor dem eigentlichen Spieltermin in die Höhe schossen, waren zu Beginn der Woche noch Hotelzimmer in nur 15 Kilometern Entfernung vom „Le Golf National“ für moderate 47 Euro pro Nacht zu bekommen.

In Frankreich hat Golf einen ähnlich schweren Stand wie in Deutschland

In Frankreich hat Golf einen ähnlich schweren Stand wie in Deutschland. Die Sportart gilt trotz aller Imagekampagnen weiterhin als elitär. „Golf ist eine sehr private Angelegenheit. Es gibt ganze Anlagen nur für Reiche und ihre Familien“, erzählte Lorenzo-Vera außerdem. Sätze wie diese haben sich eingeprägt im Bewusstsein auch vieler Deutscher, obwohl die Realität inzwischen hierzulande durchaus ein wenig anders aussieht und Golf für die Verbandsoberen viel lieber Volkssport als Elitenbeschäftigung wäre. Das aber trifft eben doch eher für die USA oder Großbritannien zu, wo an jeder dritten Ecke ein Platz liegt – mal öffentlich, mal nur für Mitglieder.

Auch Deutschland hatte sich für die Austragung des Ryder Cups 2018 beworben, war aber genauso gescheitert wie für den Wettbewerb in vier Jahren. Der wird nun in Italien stattfinden, sofern dort nicht noch das Geld knapp wird. Bad Saarow hätte die besten Golfer aus Europa und den USA 2022 gern beherbergt, das Konzept war stimmig, sogar die Politik signalisierte anders als in früheren Zeiten Unterstützung. Für die Menschen im Land war es aber uninteressant, ob der Ryder Cup kommt oder nicht – so wie das in diesem September auch in Paris und Umgebung zu sein scheint. „Auch Frösche lieben Golf“ ist ein Motto des Events. Dazu gibt es ein Werbeplakat, auf dem ein Frosch auf einem Golfball mit US-Flagge und ein zweiter auf einem mit EU-Sternenbanner sitzt. Besonders originell ist das nicht, anders als eine Aktion vor einem Jahr mitten in Paris, als die Kapitäne der beiden Mannschaften Bälle vom Eiffelturm schlugen.

Die Steuerbefreiung für das Golfevent ist Voraussetzung für eine Austragung

Pascal Grizot hat als Chef des französischen Ryder-Cup-Komitees naturgemäß eine positive Sicht auf die Dinge. „Unglücklicherweise hat Golf in Frankreich dieses Elite-Image. Aber der Fakt, dass wir dieses großartige Event ausrichten, kann uns dabei helfen, dass es irgendwann mehr Spieler geben wird“, sagte er kürzlich der Nachrichtenagentur Reuters. Mit der Ausrichtung des Ryder Cups sind zahlreiche Aktionen im Jugendbereich verbunden, dazu entstanden neue Kurzplätze oder Driving Ranges mitten in den Städten, um Golf den Menschen näher zu bringen. Mit überschaubarem Ertrag: Die Zahl der Mitglieder in den Clubs ging in Frankreich trotz des anstehenden Ryder Cups in den vergangenen Jahren sogar zurück.

Die Frage bleibt auch für eine mögliche weitere deutsche Bewerbung aktuell: Inwieweit profitiert ein Gastgeber tatsächlich von einer einwöchigen Veranstaltung, die sich wie ein großes Ufo in die Landschaft setzt und danach wieder abfliegt? Der Ryder Cup agiert hier nicht viel anders als das IOC bei Olympischen Spielen oder die Fifa bei großen Fußballturnieren. So zählt die Steuerbefreiung für das Golfevent zu den unverrückbaren Bedingungen bei jeder Austragung. Dennoch wird es auch am kommenden Wochenende wieder wunderschöne Bilder geben. Fans in Blau und Rot werden von gewaltigen Tribünen den Golfstars zujubeln und dabei lustige Liedchen trällern. Die Europäer müssen diesmal fast zwangsweise auf ihren Heimvorteil setzen, denn rein sportlich sind die Amerikaner um ihren wiedererstarkten Superstar Tiger Woods klar favorisiert und wollen erstmals seit 1993 wieder auswärts den Sieg holen.

Den meisten Franzosen wird das egal sein. Golf und der Ryder Cup sind eine bestenfalls schöne Abwechslung, wenn sie davon denn überhaupt etwas mitbekommen. Im Fernsehen übertragen wird das sportliche Großereignis nämlich genau wie in Deutschland nur für ein ausgewähltes und vorzugsweise zahlungskräftiges Publikum im Pay-TV.

Mehr zum Ryder Cup und zum Golf finden Sie auf unserer Sonderseite unter: https://golf.tagesspiegel.de/.

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