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Moritz Seider (vorn) durfte in der Pre-Season schon einmal das Trikot der Detroit Red Wings tragen. Zunächst beginnt der 18-Jährige die Saison aber in der AHL.

© Reuters

Saisonstart in der NHL: Und am Ende kommt doch wieder alles anders

Einen klaren Titelfavoriten gibt es in der besten Eishockey-Liga der Welt nicht, dafür jede Menge interessanter Spieler - darunter sind auch einige Deutsche.

Louis-Marc Aubry musste schmunzeln. Der Stürmer der Eisbären Berlin hat am vergangenen Sonntag nicht zum ersten Mal gegen die Chicago Blackhawks gespielt. Der Kanadier verbrachte mehrere Jahre in der Organisation der Detroit Red Wings und durfte dort in der Vorbereitung auch mal gegen den einst großen Rivalen aus Chicago antreten. Nach dem Spiel gegen die Blackhawks meinte er auf sein altes Team angesprochen: „Gegen Detroit hätten wir heute wahrscheinlich gewonnen.“

Die Red Wings waren 25 Jahre lang das Maß aller Dinge in der National Hockey League (NHL), Jahr für Jahr erreichten sie zuverlässig die Play-offs, ein paar Meisterschaften waren auch dabei. Inzwischen ist die glorreiche Franchise in einer neuen Halle beheimatet, die Little Ceasars Arena hat die ehrwürdige Joe Louis Arena ersetzt. Alles ist moderner und luxuriöser. Das Problem: Detroits Team von heute kann da nicht mithalten. Auch in dieser NHL-Saison, die in der Nacht auf Donnerstag beginnt, wird das wohl kaum anders sein. Wenn es einen sicheren Tipp auf eine Mannschaft gibt, die die Play-offs sicher verpasst, liegt man mit den Red Wings ganz gut im Rennen.

Genau das wiederum kann aber auch eine Chance sein, zum Beispiel für Moritz Seider. Der 18-Jährige wurde von den Red Wings im Sommer im Draft an Nummer sechs gezogen, bei einem Top-Team hätte der deutsche Nationalverteidiger wenig Hoffnung auf Einsatzzeiten. In Detroit sieht das ein wenig anders aus, auch wenn Seider die Saison zunächst in der American Hockey League (AHL) bei den Grand Rapids Griffins beginnt. Dort, wo Louis-Marc Aubry 381 Mal spielte, ohne es jemals auf einen Einsatz bei den Red Wings in der NHL gebracht zu haben.

Gleiches dürfte Seider nicht widerfahren, da sind sich alle Experten einig. Und schließlich ist er von niemand Geringerem als Steve Yzerman im Draft gewählt worden, Detroits Klublegende ist im Sommer zu den Red Wings zurückgekehrt und jetzt deren General Manager. Als Spieler war er der ewige Kapitän Detroits, er führte die Mannschaft einst aus ähnlichen Tiefen bis an die Spitze der NHL. Nach seiner Profikarriere heuerte Yzerman in der Organisation der Tampa Bay Lightning an und machte aus dem NHL-Mauerblümchen ein Topteam. Kein Wunder, dass sie in Detroit hoffen, dass der Neuaufbau mit dem großen Idol der Vergangenheit früher oder später Früchte tragen wird.

In der Vorsaison vermasselte Tampa Bay Yzerman einen perfekten Abschied. Das Team aus Florida legte mit 62 Siegen aus 82 Spielen eine Rekord-Hauptrunde hin, nur um dann in den Play-offs gleich in Runde eins mit 0:4 an den Columbus Blue Jackets zu scheitern. Noch haben die Lightning genug Klasse im Kader, um sich den Titel mit einem Verspätung doch noch zu holen. Aber der Makel spielt mit, zumal mit den Florida Panthers ein Konkurrent im eigenen Bundesstaat erwachsen ist, dem viele Experten eine starke Saison prophezeien.

Von Leon Draisaitl hängt in Edmonton viel ab

Ansonsten ist in der NHL mal wieder vieles denkbar, einen klaren Favoriten gibt es nicht. Titelverteidiger St. Louis Blues ist wieder eher ambitionierter Außenseiter, aber das hat ja vor ein paar Monaten schon gut geklappt. Die Hauptrunde mit ihren 82 Spielen für jedes Team ist ohnehin nur ein Warmlaufen für die Play-offs, dort geht es wie Trainer und Spieler immer wieder betonen, dann tatsächlich bei null los. Umso mehr Zeit bleibt, einige Stars und Newcomer genauer zu beobachten. Alexander Owetschin (Washington Capitals) zum Beispiel könnte die 700-Tore-Marke in der besten Liga der Welt knacken und im Großraum New York blicken alle auf die beiden Neulinge Jack Hughes und Kaapa Kacko, der eine Nummer-Eins-Draftpick der New Jersey Devils, der andere die Nummer zwei in Diensten der New York Rangers.

In Edmonton fragen sie sich dagegen, ob Connor McDavid und Leon Draisaitl gut genug sind, um die Oilers mehr oder weniger im Alleingang in die Play-offs zu führen. Vor zwei Jahren klappte das, im Vorjahr nicht. Draisaitl ist der große deutsche Star in der NHL, neben ihm sind auch Philip Grubauer (Stammtorwart bei der Colorado Avalanche) und Thomas Greiss (New York Islanders) als Leistungsträger ihrer Teams auserkoren. Gespannt sein darf man auf die zweite Saison von Dominik Kahun, der in Pittsburgh womöglich an der Seite von Sidney Crosby eingesetzt wird. Daneben gibt es einige Spieler aus Deutschland, die in der NHL dabei sein dürfen – wie sehr, ist aber noch offen. Tom Kühnhackl (Islanders), Tobias Rieder (Calgary Flames), Korbinian Holzer (Anaheim Ducks) und Lean Bergman (San Jose Sharks) dürfen hoffen und müssen zugleich um ihren Kaderplatz bangen.

Und wie ist es jetzt um die Chicago Blackhawks bestellt? Die Expertenmeinungen schwanken zwischen Play-off-Teilnahme und knappem scheitern. Immerhin haben sie in der Vorbereitung in Berlin gewonnen, am Freitag geht es in Prag gegen die Philadelphia Flyers um die ersten Punkte. Louis-Marc Aubry wird da kaum zusehen können, er spielt zeitgleich mit den Eisbären in Augsburg. Am Samstag könnte es schon eher klappen – dann starten die Detroit Red Wings bei den Nashville Predators in die Saison. Ein bisschen Wehmut ist bei Aubry dann womöglich immer noch dabei.

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