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Frank Willmann ist Schriftsteller, kickt für die Autorennationalmannschaft und schreibt seine Fußball-Kolumne für Tagesspiegel.de.

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Sammelband mit Tagesspiegel-Kolumnen: Frank Willmann und die wahren Werte des Fußballs

Wovon lebt der Fußball wirklich? In seinen Kolumnen für Tagesspiegel.de geht es Frank Willmann um diese Frage. Eine Auswahl der Texte liegt jetzt als Sammelband "Fluch der Wahrheit" vor.

Von Markus Hesselmann

Der Fußball lebt von seiner Schönheit. Dem genialen Pass in den freien Raum, dem unhaltbaren Distanzschuss, dem unaufhaltbaren Dribbling. Aber der Fußball lebt auch von seinem anarchischen, subversiven Potenzial. Vom Favoritensturz durch den einen gelungenen Spielzug des Underdogs. Von den Aussetzern der Superstars. Von einem entscheidenden Tor in der Nachspielzeit nach 90 Minuten grausigen Standfußballs. Von einer Niederlage des RB Leipzig. Vom Gepöhle auf den Bolzplätzen von Berolina Mitte, Blau-Weiß Lebus und Glückauf Brieske-Senftenberg.

Vielleicht ist der Fußball gerade deshalb so schön, weil er so anfällig ist für Fehler. Es gibt kaum eine andere Sportart, in der sich selbst größte Helden in dauernder Gefahr befinden, vom einen auf den anderen Moment wie Idioten dazustehen. Selbst Beckenbauer schoss Eigentore. Selbst Maradona vergab Elfmeter. Selbst deutschen Dichtern und Denkern fehlen beim Kick mit der Autorennationalelf die Worte. Spätestens ab der 60. Minute.

Warum ist dieses Spiel, the beautiful game, oft so slapstickhaft? „Weil wir es nicht können, von Natur aus nicht“, lässt Thomas Brussig seinen Fußballtrainer im Drama „Leben bis Männer“ monologisieren. „Wir haben einfach zu wenig Fuß im Gehirn.“ Für so was wie Fußball sei der Mensch einfach nicht geschaffen. „Ein Fußballer ist zum Scheitern verurteilt.“ Genau darin liegt aber auch seine Größe. Der Philosoph Martin Seel nannte populären Sport die „Zelebration des Unvermögens“. Das Hochamt wäre dann Fußball.

Und Frank Willmann ist sein Prophet. Einer, der für seine Kolumnen durch die Wüste geht, oder zumindest durch die ostdeutsche Steppe, 40 Tage und länger. Der dort neumodischen und -reichen Leipziger Bullen die Stirn bietet – natürlich erfolglos. „Ich liebe diesen Sport, altmodisch, wie er ist.“ So lautet sein Credo, niedergelegt jetzt auch im Sammelband seiner Tagesspiegel-Texte. Dafür lieben wir Frank. Viel Spaß beim Lesen.

Dieser Text von Markus Hesselmann, Redaktionsleiter Online des Tagesspiegels, ist das Vorwort des Sammelbands "Fluch der Wahrheit" mit Frank Willmanns Tagesspiegel.de-Kolumnen. Das Buch ist heute bei Culturcon Medien (152 Seiten, 9,95 Euro) erschienen und hier erhältlich.

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