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Sport: Sammer siegt, Klinsmann verliert

Der Bundestrainer kann seinen Kandidaten Bernhard Peters beim Deutschen Fußball-Bund nicht durchsetzen

Es klang wie eine Abschiedsrede. „Ich möchte Oliver Bierhoff danken für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“, sagte Theo Zwanziger, der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Bierhoff saß neben ihm und verzog keine Miene. Er wird auch weiterhin Manager der Fußball-Nationalmannschaft bleiben, allerdings hat Bierhoff gestern feststellen müssen, dass seine Macht Grenzen kennt. Das DFB-Präsidium hat sich gestern einstimmig dafür ausgesprochen, Matthias Sammer als alleinigen Sportdirektor anzustellen. Eine Doppellösung mit Bernhard Peters, dem Wunschkandidaten von Bierhoff und Bundestrainer Jürgen Klinsmann, wird es ebenso wenig geben wie einen allein verantwortlichen Technischen Direktor Peters. Der Trainer der Hockey-Nationalmannschaft soll lediglich ein nicht näher definiertes Angebot erhalten, beim DFB mitzuarbeiten.

Bierhoff lächelte erst wieder, als er von den Fotografen in der DFB-Zentrale zum obligatorischen Handschüttel-Foto mit Zwanziger genötigt wurde. „Es geht nicht darum, wer verliert“, sagte der Nationalmannschaftsmanager und fuhr dann aber unmittelbar fort: „Man kann das ruhig als Niederlage bezeichnen.“ Zum ersten Mal seit dem Amtsantritt im Sommer 2004 hatte sich die sportliche Führung der Nationalmannschaft in einer entscheidenden Frage nicht durchsetzen können.

Klinsmann hatte in Frankfurt noch einmal sein Konzept mit Peters vorgestellt. Vergebens. „Es ist enttäuschend, dass unserem Konzept keine Rechnung getragen wurde“, sagte der Bundestrainer. „Es wurde nicht über Inhalte gesprochen, sondern nur über Köpfe entschieden. Die Funktionärsebene steht über der sportlichen Ebene. Da kann man nichts machen. Wir schlucken diese Pille und werden uns nur noch mit sportlichen Dingen Richtung WM beschäftigen.“

Knapp zwei Stunden saßen die Mitglieder des DFB-Präsidiums in der Verbandszentrale zusammen, dann wurde eine einseitige Erklärung mit den wichtigsten Ergebnissen der Sitzung verteilt: An erster Stelle hieß es, dass der DFB mit Klinsmann als Bundestrainer weiterarbeiten wolle – soweit das Ergebnis bei der WM dies zulässt. Die wichtigste Personalentscheidung folgte an Punkt zwei: Sammer wird am 1. April Sportdirektor, sein Vertrag läuft fünf Jahre. In seiner neuen Funktion gehört er neben dem Bundestrainer, dessen Assistent Joachim Löw, dem Chefausbilder Erich Rutemöller, dem U-21-Coach Dieter Eilts und Oliver Bierhoff einem neuen Gremium an, das künftig die große sportliche Linie des DFB festlegt. Erst an letzter Stelle der Erklärung wurde Peters erwähnt: „Der DFB wird Bernhard Peters zum 1. Oktober 2006 ein Angebot machen, um sein Wissen und sein Können aus dem Elitebereich eines anderen Sportverbandes zu nutzen.“

Auch wenn Zwanziger von seinem Verband glaubt: „Hier ist große Offenheit“ – der Hockey-Bundestrainer war im DFB- Präsidium nicht durchsetzbar. „Matthias Sammer ist Fußballer“, sagte Zwanziger. „Diese Erfahrung hat der Herr Peters nicht.“ Peters zeigte sich gestern „sehr enttäuscht“, dass der sich DFB „gegen mein langfristiges und systematisches Konzept und für den bekannteren Fußballkopf entschieden hat“. Ob er das Angebot des DFB annehme, hänge davon ab, welche Kompetenzen man ihm einräume. Offensichtlich hatte es dem DFB auch nicht gefallen, dass die Personalie Peters als latente Kritik an den Zuständen im Verband verstanden worden war. „Die Ausbildungsordnung, die Arbeit unserer Trainer ist weiß Gott nicht schlecht“, sagte Zwanziger. Man sollte auch Sammer zutrauen, dass er Dinge reformiere und verbessere. Anders als Peters hat der neue Sportdirektor kein schriftliches Konzept vorgelegt.

Die Frage wird nun sein, wie sich die Zusammenarbeit zwischen Sammer und der sportlichen Leitung gestaltet. Bisher hatte Zwanziger gefordert, der neue Sportdirektor müsse übergangsweise auch die Nationalelf trainieren können. Davon ist in der Stellenbeschreibung keine Rede mehr. Zwanziger: „Der Sportdirektor ist kein Ersatzbundestrainer.“ Man kann dies als Zugeständnis an Klinsmann werten. Bierhoff nannte Sammer einen guten, seriösen Trainer, klagte aber auch, dass das eine oder andere passiert sei, „was uns nicht erfreut hat“. Möglicherweise meinte er damit Sammers öffentliche Stellungnahmen in Sachen Sportdirektor. „Das werden wir mit ihm besprechen.“

An ein generelles Problem zwischen Sammer und der sportlichen Leitung glaubt Zwanziger nicht. Im Gespräch mit Jürgen Klinsmann jedenfalls will er gestern festgestellt haben: „Sein Feuer in den Augen ist so heftig wie zuvor. Da gibt es nichts, was zurückbleibt.“

Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) hat gestern in einer Erklärung zur Ernennung des Sportdirektors in einem Stellenprofil eine ganze Reihe von Tätigkeiten genannt:

Cheftrainer aller

Junioren -Auswahlmannschaften bis zur U 20, Führung des DFB-Nachwuchs- Trainerstabes , Kooperation mit den Leistungszentren der Bundesliga, Optimierung des DFB- Talentförderprogramms, Aufbau weiterer Fußball- Eliteschulen , Umsetzung einer einheitlichen Spielphilosophie für alle Junioren-Nationalmannschaften in enger Abstimmung mit dem Bundestrainer , Erstellung von Trainingsrahmenkonzepten unter Berücksichtigung neuester sportwissenschaftlicher Erkenntnisse sowie die intensive Kommunikation über Ziele, Erfolge und Aufwand der Nachwuchsarbeit. dpa

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