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In Bedrängnis. Raúl (rechts), hier im Freundschaftsspiel gegen den russischen Klub Anschi Machatschkala, muss beim FC Schalke 04 um seinen Stammplatz im Angriff fürchten.

© dapd

Schalke 04: Die Entlarvung der Langsamkeit

Raúl droht beim FC Schalke die Zurücksetzung ins Mittelfeld – auch sein Vertrag wird zunächst nicht verlängert.Ob Raúl über seine Versetzung verärgert ist, lässt sich nur erahnen.

Ralf Rangnick hatte im Trainingslager im österreichischen Stegersbach erhöhten Redebedarf. Dieser richtete sich allerdings nicht an die Öffentlichkeit, sondern vielmehr an seine Spieler, denen er während der häufigen Unterbrechungen der Trainingseinheiten immer wieder mitteilte, wie er sich das künftige Spiel des FC Schalke 04 vorstellt. „Schneller drauf, nur ein Kontakt“, lässt der Trainer in häufig wiederkehrenden Schleifen als Stichworte fallen. Der 53-Jährige will den Stil des Teams verändern. Von einem sehr statischen System der Vorsaison hin zu einem rasanten Angriffsspiel mit schnellen Außenbahnspielern sowie laufintensivem Forechecking im Verteidigungsfall.

Rangnicks großes Problem sind die Spieler, die für diese taktische Ausrichtung kaum geeignet erscheinen. „Alle schnellen Angriffe sind zuletzt immer nur über Jefferson Farfan über die rechte Seite gelaufen“, sagt Rangnick. Deshalb wünscht er sich noch einen schnellen Angreifer für sein bevorzugtes 4-2-3-1-System. Allerdings haben die Schalker mit zehn Millionen Euro Transfergeld nicht gerade üppig gefüllte Kassen für die Verpflichtung europäischer Spitzenspieler. Und die bisherigen Versuche, Papiss Demba Cissé aus Freiburg oder den Franzosen Nolan Roux vom FC Sochaux zu kaufen, scheiterten an den zu hohen Kosten. Aktuell befindet sich der ablösefreie Ciprian Marica vom VfB Stuttgart im Gespräch mit den Schalkern.

Ein Transfer würde konkrete Auswirkungen auf die Positionen im Team haben. Denn gerade in der Angriffsspitze hatte sich der Spanier Raúl in der vergangenen Saison nach einigen Anlaufschwierigkeiten immer besser zurechtgefunden und mit 13 Treffern in 34 Spielen seine Qualitäten gezeigt. Doch Rangnick scheint den 34-Jährigen künftig eher auf der zentralen Position hinter den Spitzen zu sehen. Dass Raúl ein hochbegabter, technisch beinahe perfekter Spieler ist, daran dürfte wohl kein Experte zweifeln. Allerdings korrespondieren seine Sprintqualitäten nicht mit seinen übrigen Vorzügen. In den jüngsten Trainingsspielen waren wohl deshalb auch die Angreifer Mario Gavranovic und Klaas-Jan Huntelaar in einem vorläufigen System mit zwei Spitzen in vorderster Reihe zu finden. Raúl sollte dahinter die Fäden ziehen.

Ob Raúl über seine Versetzung verärgert ist, lässt sich nur erahnen. In der Vorbereitungszeit äußert er sich nicht in den Medien. Der Spanier erfüllte zwar auch in Österreich die Autogrammwünsche seiner zahllosen Fans, setzte dabei aber zumeist ein Gesicht auf, als hätte man ihm den Spaß gänzlich verhagelt. Die noch in der Endphase der Vorsaison angekündigten Vertragsgespräche mit Raúl hat der Verein erst einmal auf Eis gelegt. „Ich kann nur betonen: Es ist noch keine Entscheidung gefallen, aber wir haben einen gemeinsamen Weg definiert. Wir haben keine Eile, das sehen Raúl und sein Berater auch so. Schließlich hat er noch ein Jahr lang einen Vertrag bei uns“, sagt Horst Heldt. Weder der Schalker Manager noch Ralf Rangnick scheinen derzeit Befürchtungen zu haben, Raúl könnte sich womöglich anderweitig orientieren. Ein quälender Machtkampf zwischen dem Trainer und Raúl ist allerdings trotzdem nicht zu erwarten. Beide Parteien werden sich miteinander arrangieren, weil keiner der Beteiligten von einem Disput profitieren würde. Die Zeit wird wohl zeigen müssen, wie es in der Sache weitergeht.

Auch im Fall Klaas-Jan Huntelaar scheut Ralf Rangnick öffentliche Kritik an dessen Spielweise. „Ich will nicht sagen, dass Huntelaar kein schneller Stürmer ist“, sagt der Trainer und lässt damit Raum für Deutungen. Bei einem adäquaten Angebot eines anderen Vereins würde Rangnick aber wohl kaum zwingend am Holländer festhalten. „Derzeit liegen uns keine offiziellen Anfragen anderer Klubs vor“, sagt Horst Heldt. „Das kann sich natürlich schnell ändern. Die Erfahrung hat gezeigt, dass vor allem in der zweiten Hälfte des Augustes noch viel Bewegung auf dem Transfermarkt ist.“ Festlegen will sich auf Schalker Seite derzeit eben kaum jemand.

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