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Mirko Slomka

© ddp

Schalke 04: Ein Trainer in der Defensive

Einsame Zeiten in der Arena: Mirko Slomka bekommt bei Schalke 04 herbe Kritik aber keine Rückendeckung von seiner Mannschaft. Nur die Verantwortlichen des FC Bayern finden noch lobende Worte für Schalkes Trainer.

Zuspruch von den Bayern klingt für Schalker Ohren zumeist wie Beifall von der falschen Seite. Nach dem Schlusspfiff konnte Schalkes Trainer Mirko Slomka nach dem 0:1 gegen den Rekordmeister allerdings nicht wählerisch sein: Die Bayern waren die Einzigen, die ihm an diesem unwirtlichen Nachmittag Applaus spendeten. Mit der Freigebigkeit des Siegers schnürten die Münchner eine Art verbales Care-Paket für Slomka, der im eigenen Hause zuletzt heftige Kritik erfahren hatte und sogar öffentlich in Frage gestellt worden war. Den eigenen Trainer öffentlich derart anzugreifen, „gehört sich nicht, das ist schlechter Stil“, sagte Bayern-Trainer Ottmar Hitzfeld und spielte auf den „Handlungsbedarf“ an, den der Schalker Präsident Josef Schnusenberg eine Woche zuvor öffentlich festgestellt hatte.

In einem Vier-Augen-Gespräch am Sonntag redeten Schnusenberg und Slomka immerhin wieder miteinander. Es seien „sehr offene, sehr deutliche und sehr ehrliche Worte gefallen“, berichtete der Klubchef danach. „Es war nötig, um die Atmosphäre zu bereinigen.“ Hitzfeld hatte Slomka nach dem Abpfiff am Sonnabend attestiert, seine Mannschaft gut eingestellt zu haben, der Gegner habe „nie aufgegeben“. Offenbar aus lauter Nächstenliebe und Kollegialität scheute Hitzfeld sich nicht, die Tatsachen zu beugen: „Ein Unentschieden wäre verdient gewesen.“

Dieser Wertung konnte und wollte sich nicht einmal der Wortführer unter Slomkas Gefolgsleuten anschließen. „Wenn wir so weiterspielen, holen wir keinen einzigen Punkt mehr“, sagte Kapitän Marcelo Bordon. „Es kann nicht sein, dass wir in einem Heimspiel gegen Bayern nicht mindestens so viel laufen wie sonst.“ Die Schalker kickten ohne Mut und ohne Mumm, als hätten sie schon nach dem frühen Rückstand durch Miroslav Klose die Hoffnung fahren lassen.

Damit war ein Nimbus des Gelsenkirchener Fußball-Lehrers Slomka dahin. Mehrmals hatte die Mannschaft ihn spielend aus Kalamitäten befreit. In der vergangenen Saison etwa hatten die Spieler beim 2:2 gegen Bayern die wütenden Fans wieder auf ihre Seite gezogen und anschließend eine Erfolgsserie hingelegt, die Slomkas Profil schärfte und beinahe zum Titelgewinn führte. Anders als etwa im November 2006 oder auch im Herbst des folgenden Jahres gelang es den Profis am Samstag nicht erneut, in einer Abstimmung mit den Füßen ein Votum für ihren Vorgesetzten zu erzwingen. „Diejenigen, die ich meine, wissen sicher selbst ganz genau, dass sie nicht hundert Prozent geleistet haben“, sagte Slomka. Insofern hat das Spiel gegen die Münchner die Position und die Perspektive Slomkas eher verschlechtert als verbessert. Zum ersten Mal, seitdem Slomka Schalke trainiert, verlor die Mannschaft drei Bundesligapartien nacheinander. Sogar Manager Andreas Müller sprach unaufhörlich davon, dass es den Spielern an Überzeugung gefehlt habe. Wer von sich selbst nicht überzeugt ist, vermag auch andere nicht zu überzeugen.

Die nächste Gelegenheit zur Kurskorrektur bietet sich an diesem Mittwoch in der Champions League beim Achtelfinalrückspiel gegen den FC Porto. Am Sonntag verlängerte der Aufsichtsratsvorsitzende Clemens Tönnies Slomkas Kreditlinie sogar über das Spiel in Porto hinaus. Slomka werde auch im Falle eines Scheiterns in Porto Cheftrainer bleiben, also auch am kommenden Samstag gegen Arminia Bielefeld auf der Bank sitzen. Derzeit sei „ein Trainerwechsel undenkbar“, sagte Tönnies. Ob Slomka allerdings seinen Vertrag, der im Juni 2009 ausläuft, wirklich erfüllen darf, ist nicht in Stein gemeißelt. „Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, müssen wir natürlich umdenken“, sagt Tönnies.

Das Spiel bei Portugals Meister Porto hat Mirko Slomka zum „Verteidigungsspiel“ ausgerufen, weil seine Mannschaft mit einem 1:0 im Rücken antritt. Dieser Begriff kennzeichnet die Lage des vierzig Jahre alten Fußballlehrers, der dringend mehr Fortune braucht und „richtige Männer“, wie Bordon anmerkt. Neben Hitzfeld ergriff auch Bayerns Präsident Franz Beckenbauer Partei für Slomka – und gegen Schnusenberg. „Das war schon immer so bei Schalke. Wenn es denen ein bisschen zu gut geht, dann kommt irgendeiner aus der Ecke und schießt dem Verein und der Mannschaft ins Knie.“ Das Ausmaß der verbalen Unterstützung für Slomka aus München lässt erahnen, wie schlecht es ihm geht. Mit gleichwertigen Gegnern suchen die Bayern oftmals lieber Streit.

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