zum Hauptinhalt

Sport: Scherzbold Sammer

Dortmunds Trainer lenkt von offensichtlichen Problemen ab

Von Raimund Witkop

Wolfsburg. Einer seiner seltenen Scherze tat Matthias Sammer schon schnell wieder Leid. Wenn seine Mannschaft in Wolfsburg verliere, werde es zu Hause, in Dortmund, kälter als in Moskau, hatte der Trainer von Borussia Dortmund vor dem Spiel gesagt. Das war als Gag gedacht. Der VfL Wolfsburg, das bedeutete die Bemerkung, besitzt für eine Mannschaft wie Dortmund nur den Rang eines Sparringspartners in der Fußball-Bundesliga. Es war kein besonders guter Gag, und nach dem Spiel wusste Sammer, dass er sich die humoristische Note besser erspart hätte. Denn Dortmund hat verloren, und Sammer ahnte nach dem 0:2, dass er mit heftigem Gegenwind rechnen muss. Deshalb versuchte er verzweifelt gegenzusteuern. „Wir müssen gerade jetzt ruhig bleiben und arbeiten“, sagte Sammer. Schließlich trifft er am Dienstag in der Zwischenrunde der Champions League auswärts gegen Lokomotive Moskau und braucht gegen dieses als stark eingestufte Team keine verunsicherten Spieler, die sich nach heftiger medialer Kritik wegducken.

„Wir geben nicht auf“, sagte Verteidiger Christian Wörns nach der 0:2-Pleite. Das war eine Aussage, die Sammer gefiel. Außerdem sind erst 14 Spieltage absolviert. Andererseits: acht Punkte Rückstand auf den Tabellenführer FC Bayern München, das muss man als amtierender Deutscher Meister erst mal verdauen. Acht Punkte, das ist die Ausbeute von zwei Siegen und zwei Unentschieden. Und gleichzeitig müsste der größte Rivale, der FC Bayern München, natürlich gleichzeitig viermal verlieren. Dann nur dann wäre der Rückstand aufgeholt. Doch die Mannschaft von Trainer Hitzfeld macht im Moment keineswegs den Eindruck, als würde sie in nächster Zeit viermal verlieren. Die Krise der Bayern ist ja wohl fürs Erste vorbei. Borussia Dortmund dagegen hat von den vergangenen fünf Spielen – einschließlich DFB-Pokal und Champions League – vier verloren. In der Champions League dagegen steht das Team trotzdem in der Zwischenrunde.

Sammer gab sich nach dem Wolfsburg-Spiel alle Mühe, das Offensichtliche wegzudiskutieren: Die Konzentration seiner Spieler auf den Liga-Alltag lässt nach. „Die Bundesliga ist unsere wichtigste Aufgabe.“ Mag sein, doch in Wolfsburg waren die Probleme der Dortmunder deutlich zu sehen. „Solche Spiele gewinnt die Mannschaft mit dem größeren Willen“, erklärte Wolfsburgs Manager Peter Pander. „Und den größeren Willen hatten wir.“ Sicher, keinem Dortmunder konnte man Faulheit oder Lässigkeit vorwerfen – doch im Dortmunder Gesamtbild fehlte etwas.

Begünstigt wurde der Wolfsburger Erfolg durch Fehler, die sich Dortmund vor den Toren von Diego Klimowicz geleistet hatte. In der 19. Minute verlor der Dortmunder Kehl den Ball im Aufbauspiel, Dede und Wörns sahen sich in der Abwehr plötzlich einer Übermacht gegenüber. Und dann wehrten sich die beiden auch nur halbherzig. Und vor dem 2:0 hatte Torhüter Jens Lehmann nach einem eher leichten Schuss von Präger den Ball nach vorn abprallen lassen.

„Ohne unsere Fehler hatte Wolfsburg gar keine Chancen“, behauptete Nationalspieler Torsten Frings, der dank seiner Dynamik und Einsatzfreude bei Dortmund herausragte. Zu direkter Kritik an seinen Kollegen ließ er sich nicht hinreißen, wohl aber zu Bemerkungen am Verhalten seiner Mitspieler in der letzten halben Stunde: „Einfach die Bälle weit nach vorn schlagen, ist zu simpel. Da muss uns schon mehr einfallen.“ Acht Punkte könne man aufholen. Aber: „Nicht, wenn wir so weiter spielen.“

Raim, Witkop

Zur Startseite