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Hand drauf: Im Kölner Videoassistcenter wird hingeschaut.

© Rolf Vennenbernd/dpa

Schiedsrichterdebatte in der Bundesliga: Wie Handspiel und Videobeweis zusammenhängen

In der Fußball-Bundesliga häufen sich die Handelfmeter. Liegt das am Videobeweis? Ein paar Zahlen zur Einordnung der Debatte.

Seit dem Wochenende wird in der Fußball-Bundesliga wieder heftig über die Handspielregel und den Videobeweis diskutiert. Da braucht es manchmal ein bisschen Ruhe und ein paar Zahlen, um die Sache etwas gründlicher zu betrachten.

Zugegeben, an den vergangenen beiden Spieltagen hat sich die Situation zugespitzt: In Berlin übersahen Schiedsrichter wie Videoassistent ein klares Handspiel von Herthas Karim Rekik – es hätte Elfmeter für Stuttgart geben müssen, wie inzwischen sowohl DFB-Schiedsrichterchef Lutz-Michael Fröhlich als auch Videobeweis-Projektleiter Jochen Drees befanden. In München gab es dagegen Strafstoß, als der Ball Jérome Boateng an die Hand sprang – unberechtigterweise, sagen Fröhlich und Drees. Und am Wochenende zuvor hatte bereits der fragliche Handelfmeter für Schalke im Derby gegen Dortmund für hitzige Diskussionen gesorgt.

„Es wird jetzt langsam ganz, ganz kritisch“, sagte Freiburgs Trainer Christian Streich. „Völlig willkürlich“ nannte der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Thorsten Kinhöfer die Entscheidungen. Und selbst Hannovers Coach Thomas Doll sprach beim Strafstoß gegen München von einem „Phantom-Elfmeter“.

83 Strafstöße hat es in dieser Bundesliga-Saison bislang gegeben, mehr als ein Drittel davon, nämlich gleich 30, wurden wegen eines Handspiels verhängt. Das sind bereits wesentlich mehr als in den drei Spielzeiten zuvor: Da lag der Anteil der Handelfmeter an Strafstößen nur bei jeweils etwa einem Sechstel. Lässt sich dieser dramatische Anstieg also allein auf den Einsatz der Videohilfe zurückführen? Offensichtlich nicht, denn die Videoschiedsrichter sind bereits seit der vergangenen Saison im Einsatz. Und da gab es verhältnismäßig etwa genau so viele Handelfmeter wie in den beiden Spielzeiten ohne Videobeweis zuvor (15 von 93).

Einen sehr viel höheren Einfluss auf die derzeitige Lage hat also offenbar die Handspielregel, die in der Vergangenheit immer wieder neuen Auslegungen unterzogen wurde und die Schiedsrichter aktuell auch bei weniger klaren Handspielen zu Pfiffen verleitet – das führt in der Konsequenz auch zu mehr Handelfmetern. Ein Blick auf die Daten der Zweiten Liga verdeutlicht das: Dort wird der Videobeweis erst im Sommer eingeführt, und dennoch ist der Anteil der Handelfmeter zu dieser Saison von etwa 14 auf 21 Prozent angestiegen.

Dass der Anstieg nicht so drastisch ausfällt wie in der Bundesliga, bringt erst den Videobeweis zurück in die Diskussion. Denn durch ihn lassen sich im Zuge der inzwischen kleinlicheren Auslegung der Handspielregel auch leichter übersehbare Vergehen ahnden. Über die hätte man vor der Einführung des Videobeweises vielleicht gar nicht so emotional diskutiert, doch die öffentliche Erwartungshaltung an Schiedsrichterleistungen ist seitdem eine andere.

Auf der einen Seite steht also die Frage nach der Auslegung der Handspielregel, auf der anderen die Frage nach dem Einsatz des Videobeweises. Gut, wenn beides nicht unnötig vermengt wird.

Jana Rudolf, Leonard Brandbeck

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