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Sport: „Schlaf ist die beste Vorbereitung“

WM-Spitzenreiter Kimi Räikkönen über seinen neuen Stellenwert in der Formel 1

Herr Räikkönen, haben Sie sich schon ein wenig erholt nach der Enttäuschung von São Paulo?

Warum sollte ich denn enttäuscht sein – weil das Wetter so schlecht war und das Rennen abgebrochen wurde?

Sie waren schon zum Sieger des Großen Preises von Brasilien erklärt worden, aber fünf Tage später wurde am grünen Tisch dann doch Giancarlo Fisichella auf den ersten Platz gesetzt.

Ja, und das war völlig korrekt. Nach dem gültigen Reglement hat er dieses Rennen nun mal gewonnen, und dann ist es auch richtig, das Ergebnis zu korrigieren. Und es ist schön für ihn, ich kann das nachvollziehen, es ist sein erster Sieg. Ich habe ja auch erst vor ein paar Wochen meinen ersten Grand Prix gewonnen.

Das war in Malaysia. Seitdem muss sich viel für Sie geändert haben.

Eigentlich nicht – nur, dass jetzt die ewige Frage nach dem ersten Sieg endlich wegfällt. Sowohl von außen als auch für mich selbst: Ich weiß jetzt, dass ich auch in der Formel 1 gewinnen kann.

Das klingt sehr kontrolliert. Kein Wunder, dass Ihr Teamchef Ron Dennis Ihnen den Beinamen Iceman verpasst hat.

Ach was, ich versuche nur, an der Rennstrecke meinen Job so gut und konzentriert wie möglich zu machen. Und vielleicht bin ich jemand, der Gefühle nach außen nicht so gern zeigt. Natürlich habe ich mich damals in Malaysia sehr gefreut, aber deswegen muss ich ja nicht auf dem Siegerpodest auf und abspringen. Jeder ist da eben anders. Und außerdem muss man doch schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückkommen, finde ich. Wir haben immer viel Arbeit, das nächste Rennen wartet.

Sie gelten ja auch in der Rennvorbereitung als besonders cool.

Sie sollten mich mal vor dem Rennen sehen. Wissen Sie, was ich da mache? Ich schlafe, ungefähr eine Dreiviertelstunde. Das ist die beste Vorbereitung. Ich gehe nicht hundertmal das Rennen vorher durch. Das bringt ja auch nichts, es läuft doch nachher sowieso immer ganz anders, das lässt sich nie planen. Und schlafen kann ich immer.

Gibt es denn etwas, was Sie wirklich aufregt?

Doch. In jedem Formel-1-Fahrerlager laufen eine Menge Leute herum, die überall irgendwelchen Blödsinn oder Unwahrheiten verbreiten. Damit können sie einen Fahrer, der für so etwas anfällig ist, schon gewaltig aus dem Konzept bringen. Ich halte mich zwar aus so was weitgehend raus und ich glaube, ich habe auch persönlich keine großen Probleme damit. Aber es nervt trotzdem.

Viele Formel-1-Piloten ziehen nach ihren ersten großen Erfolgen nach Monaco. Sie aber wohnen, wie zu Ihren Zeiten beim kleinen Sauber-Rennstall, in der Schweiz. Warum?

Ich habe mir dort ein Haus gekauft. Ich mag es, von der Natur umgeben zu sein, Platz zu haben, Freiräume. Ich bin so aufgewachsen, ich könnte zum Beispiel nie in einem Appartement leben. Und in Monaco gäbe es ja gar keine andere Möglichkeit.

Was stört sie an Appartements?

Vor allem die Vorstellung, Nachbarn zu haben. Die beschweren sich dann doch nur, wenn man mal eine Party feiert, wenn es mal ein bisschen lauter wird. Das soll nicht heißen, dass ich nun nur am Feiern bin. Nach meinem Malaysia-Sieg zum Beispiel, da war gar nicht viel Zeit zum Feiern, wir haben ja gleich wieder getestet. Aber ein paar Freunde sind schon vorbeigekommen.

Haben Sie Freunde in der Formel 1?

Nein. Ich rede hier und da mit dem einen oder anderen, aber engere Kontakte gibt es nicht. Mit meinem Teamkollegen David Coulthard habe ich kein Problem, wir reden über das Auto, über die Technik, wir arbeiten eng und gut zusammen. Aber natürlich will jeder den anderen schlagen.

Sie könnten in dieser Saison der jüngste Weltmeister aller Zeiten werden.

Das ist mir nicht so wichtig. Wichtig ist für mich, dass ich überhaupt einmal Weltmeister werde. Und jetzt, nach drei Rennen, ist es wirklich noch ein bisschen früh, um tatsächlich über den Titel zu reden.

Das Gespräch führte Karin Sturm.

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