Sport: Schlaflos in Kroatien
Die deutschen Handballerinnen bangen bei der WM-Hauptrunde um die Qualifikation für Olympia
Berlin. Im Bus auf dem Weg in die WM-Hauptrundenstadt Rijeka kommt Ekke Hoffmann ins Grübeln. „Zwölf klare Torchancen, die wir gegen Slowenien nicht genutzt haben, da kann man bei einer Weltmeisterschaft gegen eine solche Mannschaft nicht gewinnen“, sagt er. „Das muss nun viel besser werden.“ Für den Bundestrainer der deutschen Handballerinnen, die bereits vor dem 28:29 gegen Slowenien den Platz in der WM-Hauptrunde in Kroatien sicher hatten, ist „dennoch nichts entschieden“. Selbst dann nicht, wenn sein Team heute gegen Norwegen erneut verliert. „Dieses Team, gegen das wir in der Vorbereitung ein Remis erreicht haben, ist im Vergleich zu den danach folgenden Gegnern Ukraine und Rumänien das stärkste“, lautet die Begründung.
Während des Transfers von Cakovec nach Rijeka erzählt Hoffmann auch, worauf er seine Spielerinnen, nachdem sie sich ausgeruht hatten und anschließend gejoggt waren, beim abendlichen Video-Studium des heutigen Gegners besonders aufmerksam machen wollte: „Die 6:0-Deckung steht nahezu perfekt, die Torhüterin ist super und im Angriff ist Norwegen am besten eingespielt, damit nur schwer ausrechenbar.“ Es wird für ihn vor allem darauf ankommen, das Spiel möglichst sehr lange offen zu halten, „dann haben wir eine Chance“.
Einen Knacks hat er nach der Niederlage bei seinen Spielerinnen, die auf der Busfahrt versuchten, einiges an Schlaf nachzuholen, nicht feststellen können. Bis nach drei Uhr am Montagmorgen haben alle kaum ein Auge zubekommen, weil die Däninnen so ausgelassen ihr WM-Ausscheiden gefeiert hatten. „Die sind als Olympiasieger ohnehin für Athen qualifiziert gewesen, deshalb haben sie die Pleite so locker genommen“, berichtet Hoffmann. Geärgert hat er sich über die Unsportlichkeit in der Nacht schon sehr. Aber die WM geht für die Deutschen weiter, die eigene Analyse ist wichtiger. „Wir müssen das spielerische Potenzial noch mehr ausschöpfen. Kampf allein wird in der Hauptrunde nicht mehr gegen die absoluten Power-Mannschaften reichen“, warnt der 59-Jährige vorsorglich.
Dass Ekke Hoffmann lieber etwas tiefstapelt, dafür hat der Pädagoge eine einfache Begründung: „Für meine Wünsche und Gefühle gibt es nichts, was einzig zählt, ist das Resultat.“ Und das lautet auf den Punkt gebracht: Olympia – oder nicht Olympia!
Der Glaube daran, den dafür notwendigen fünften WM-Platz auch tatsächlich erreichen zu können, ist im deutschen Team nach wie vor sehr ausgeprägt. „Jede hat bei uns das Gefühl, wichtig zu sein. Deshalb springt auch jede für die andere in die Bresche“, sagt die 32-jährige Aufbauspielerin Heike Schmidt vom VfL Oldenburg. Schmidt spielte bereits 1997 zusammen mit Grit Jurack aus Leipzig und der Nürnbergerin Kathrin Blacha für Deutschland, als eine deutsche Mannschaft mit WM-Bronze zuletzt eine Medaille gewann.
Im Gegensatz zur kläglich verpassten Teilnahme an der WM 2001 oder dem peinlichen elften Rang bei der EM 2002 besticht die deutsche Mannschaft auf dem Balkan nicht durch egozentrische Einzelgängerinnen, sondern durch ein starkes Kollektiv. Grit Jurack, die gegen die Elfenbeinküste ihr 150. Länderspiel bestritt und der Star im Team ist, wird damit entlastet. Mit 24 Toren ist sie bisher die erfolgreichste Werferin in der Mannschaft. Bei Olympia 1996 in Atlanta war sie auch schon dabei: „Wir wissen, was wir können und wollen unbedingt nach Athen. Olympische Spiele sind das Nonplusultra.“ In Rijeka werden die Weichen für 2004 gestellt. Danach wird es erneut eine Busfahrt geben, zu den Platzierungsspielen und dem großen Finale nach Zagreb.
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