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Beschwingt. Martin Kaymer

© AFP

Sport: Schlag den Rechner

Martin Kaymer könnte an diesem Wochenende die Spitze der Golf-Weltrangliste übernehmen

Berlin - Das Zahlenspiel ist verwirrend. Ein Fall für Statistiker unter den Golffans, die sich in dieser Woche an der Weltrangliste austoben können. Es geht darum, einen Fall zu berechnen, der fünf Jahre überhaupt nicht existierte. Die Position 1 der Golf-Welt wird erstmals wieder neu besetzt. Seit den US Open 2005 stand der US-Amerikaner Tiger Woods permanent an der Spitze, 281 Wochen lang. Jetzt hat diese Serie ein Ende. Nächsten Montag erscheint ein neuer Name ganz oben auf der Liste. Die Frage ist nur: Wird er Martin Kaymer oder Lee Westwood lauten?

Einer der beiden wird Woods ablösen. Westwoods Aufgabe ist dabei bei weitem einfacher. Beim Andalucian Masters im spanischen Valderrama geht der Brite nicht an den Start, wird Woods aber trotzdem definitiv überholen, weil er nur 0,06 Punkte hinter ihm liegt. Die Weltrangliste basiert auf dem Punktedurchschnitt der vergangenen zwei Jahre, was derartige manchmal etwas seltsame Mechanismen ermöglicht. Martin Kaymer dagegen muss in Valderrama seine Erfolgsserie fortsetzen, die ohnehin schon erstaunlich ist. Drei Turniere in Folge hat der Deutsche ausgehend von seinem Erfolg bei der US PGA Championship in Whistling Straits gewonnen. Er liegt in der Weltrangliste 0,28 Punkte hinter Woods, ablösen kann er den Amerikaner nur, wenn er in Valderrama gewinnt, alleiniger Zweiter wird oder sich den zweiten Rang mit nur einem Spieler teilt.

Unter normalen Umständen eine Vorgabe, die kaum lösbar scheint. Siege und zweite Plätze bei einem Top-Turnier mit Weltklassebesetzung sind auf Bestellung nicht machbar. Bei Kaymer allerdings scheint im Moment nichts unmöglich. Die letzten zwei Siege hat er routiniert eingefahren, wie selbstverständlich. Er strotzt momentan vor Selbstvertrauen. Die Saison ist so gut gelaufen, dass er gar nicht weiß, auf welches seiner vielen Ziele er sich zuerst konzentrieren soll: Die Führung in der Weltrangliste? Den Sieg im Race to Dubai, wie die europäische Geldrangliste genannt wird? Oder den vierten Turniersieg in Folge?

Das Race to Dubai ist ihm bereits im vergangenen Jahr durch die Finger geglitten, als er hervorragende Chancen auf den Gesamtsieg hatte, am Ende durch seine Verletzungspause nach einem Kart-Unfall aber zu viele Turniere verpasste. In diesem Jahr dürfte Martin Kaymer der Sieg kaum mehr zu nehmen sein. Seine Führung gegenüber dem Zweiten Graeme McDowell beträgt mehr als eine Million Euro. Der US-Open-Champion hat zwar beschlossen, zum Schlussspurt anzusetzen und bis zur Dubai World Championship kein Turnier auszulassen. Ein oder zwei Turniersiege müsste er aber wohl landen, um Kaymers Triumph zu gefährden.

Fragt man Kaymer nach dem Gerangel um die Spitze der Weltrangliste, so ist die Antwort klar: „Für mich ist Lee Westwood im Moment der beste Spieler der Welt.“ Auch der Computer kommt nüchtern zu diesem Ergebnis. Lässt man Rechenspiele aber beiseite bei der Frage, wer in dieser Saison der beste Spieler der Welt ist, fällt das Urteil ganz klar zu Gunsten Kaymers aus. Während Tiger Woods in diesem Jahr mehr Weltranglistenpunkte verloren hat als jeder andere, hat Kaymer am meisten gewonnen. Er ist der einzige Spieler mit vier Siegen in einer Saison, darunter sogar ein Major-Erfolg.

Eine Bilanz, die inzwischen dem Deutschen selbst zu denken gibt. „Es gibt viele Jungs, die ein großes Turnier gewinnen. Und dann hört man nie wieder von ihnen“, stellte der 25-Jährige bei seinem letzten Turnier auf den Bahamas fest. „Ich denke aber, ein Major sollte nie das Ende einer Karriere sein, vor allem nicht in meinem Alter.“ Ein Triumph bei den British Open in St. Andrews bleibt sein größtes Ziel. „Das wäre wirklich fantastisch“, sagt er. Viereinhalb Jahre bleiben ihm zur Vorbereitung, 2015 wird das traditionsreichste Turnier der Welt wieder auf dem traditionsreichsten Kurs der Welt ausgetragen. Viel Zeit, um bis dahin all die anderen Vorhaben abzuarbeiten. Gut, dass Martin Kaymer ein systematischer Typ ist. Sonst könnte er sich leicht verzetteln.

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