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Gute Haltung. So ästhetisch wie bei Mesut Özil sah die Darbietung der Deutschen in Wien gestern nur selten aus. Foto: dpa

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Sport: Schlecht gespielt, trotzdem erfolgreich

Die deutsche Nationalmannschaft siegt auch in ihrem zweiten WM-Qualifikationsspiel, kann beim 2:1 in Wien gegen Österreich aber nicht überzeugen.

Cordoba war weit weg und doch so nahe wie lange nicht mehr. 34 Jahre nach der WM in Argentinien hatten die Österreicher am Dienstag in Wien die Chance, dem großen und ungeliebten Nachbarn richtig weh zu tun. Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft spielte so schlecht wie lange nicht mehr in einem Pflichtspiel, und warum es am Ende doch zu einem Sieg reichte, das wussten die Beteiligten selbst wohl nicht so recht. Vor 47 000 Zuschauern im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion gewannen die Deutschen ihr zweites Spiel in der WM-Qualifikation 2:1 (1:0), aber eine Offenbarung war es nicht, was sie zur Vorführung brachten. „Wir haben kein perfektes Spiel gemacht, aber wir haben hier 2:1 gewonnen. Das lass ich mir von keinem kaputt machen“, sagte Thomas Müller.

Es war zwar eine aus dem Bundesliga-Alltag bekannte Mannschaft, die das Geschehen im Wiener Prater bestimmte. Aber sie trug die roten Leibchen Österreichs. In der Startaufstellung standen gleich neun Spieler, die ihr Geld in Deutschland verdienen. Und sie waren gut drauf gegen die favorisierten Arbeitskollegen. Schon nach ein paar Minuten hatte der Stuttgarter Martin Harnik das Führungstor auf dem Fuß. Vorausgegangen war ein brutaler Fehlpass von Mats Hummels direkt in den Fuß des Mainzers Julian Baumgartlinger. Im letzten Moment bekam Holger Badstuber gegen Harnik noch einen Fuß dazwischen. Ein Schuss des Bremers Marko Arnautovic sauste nur ein paar Zentimeter am rechten Pfosten vorbei. Auch beim anschließenden Distanzschuss des Mainzers Andreas Ivanschitz fehlte nicht viel. Ein bisschen billig war es, wie Harnik sich im Laufduell mit Badstuber im Strafraum fallen ließ. Der erhoffte Elfmeterpfiff blieb aus.

Österreich war lange Zeit die bessere, die aktivere Mannschaft, ohne jeden Respekt vor dem großen Nachbarn. So sehr die Deutschen sich auch bemühten, sie bekamen das Spiel nicht in den Griff. In der Defensive reihte sich Fehler an Fehler. Da machte auch Manuel Neuer keine Ausnahme. Einmal wollte der Torhüter den Ball einfach nur nach vorne dreschen und traf dabei doch den Bremer Zlatko Junuzovic. Neuer hatte Glück, dass der Abpraller ein paar Meter am Tor vorbei flog. Im Mittelfeld war von Mesut Özil wenig zu sehen, und Marco Reus kam auf dem linken Flügel kaum einmal an den Ball.

Es spricht für die Klasse von Reus, dass ihn die geringe Teilhabe am Spiel nicht weiter verunsicherte. Ein paar Sekunden waren noch zu spielen in der ersten Halbzeit, da kam er endlich einmal an den Ball, und was er daraus machte, war aus deutscher Sicht der einsame Höhepunkt des bis dahin belanglosen Spiels. Reus zog an Garics vorbei in die Mitte, und kurz bevor ihn der ausgestreckte Fuß des Wolfsburgers Emanuel Pogatez daran hätte hindern können, schlug er den Ball zur überraschenden Führung ins linke Eck.

Reus musste zur zweiten Halbzeit wegen einer Verletzung Platz machen für seinen Dortmunder Kollegen Mario Götze. Diesem war noch am Freitag das erlösende 1:0 gegen die Färöer gelungen, aber in Wien hatte er zunächst im Sinne einer stärker defensiv orientierten Aufstellung zugunsten von Toni Kroos weichen müssen. Kroos blieb lange Zeit unauffällig, aber sein Einsatz machte sich spätestens bezahlt, als er gleich zu Beginn der zweiten Hälfte Thomas Müller anspielte. Der hatte noch gar keine Gelegenheit zur Verwertung des Zuspiels, da rannte ihn Veli Kavlak ungeschickt und übermotiviert über den Haufen. Den fälligen Elfmeter schoss Özil beinahe aus dem Stand und passgenau in die rechte Ecke zum 2:0.

Damit hätte das Spiel eigentlich entschieden sein können. War es aber nicht, weil die Deutschen eben noch nicht die Form aufweisen, die sie zu ihren guten EM-Tagen in Polen einmal hatten. Vor allem, was die Defensivarbeit betrifft. Dass Marcel Schmelzer als linker Verteidiger keine Optimalbesetzung ist, war am deutlichsten beim österreichischen Anschlusstor zu sehen, als ihm Arnautovic mal wieder davon lief. In der Mitte kam der von drei Deutschen umringte Junuzovic zum Schuss und traf zum 1:2.

Es wurde also noch einmal spannend, auch und vor allem dank Arnautovic, der auf seinem Flügel allzu viele gute Szenen hatte. Österreich machte Druck und bestimmte das Spiel, und beinahe hätte es noch zum Ausgleich gereicht. Zum Beispiel nach Philipp Lahms desaströsem Rückpass auf Neuer, den der eingewechselte Guido Burgstaller erlief – und dann doch am deutschen Torhüter hängen blieb. Kurz darauf brachte Arnautovic das Kunststück fertig, den Ball allein vor dem leeren Tor vorbeizugrätschen. Das war drei Minuten vor Schluss die letzte brenzlige Szene. Die Deutschen waren noch einmal davon gekommen.

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