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Die Mannschaft von Trainer Pal Dardai war stark in die Spielzeit gestartet. Es folgte eine Hängephase.

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Update

Schlechteste Hinrunde unter Pal Dardai: Es wird ungemütlich bei Hertha BSC

Herthas Hinrunde fühlt sich besser an, als sie in Wirklichkeit ist. Manager Michael Preetz kritisiert Spieler und Trainer. Dardai kündigt "beste Rückrunde" an.

Valentino Lazaro dampfte noch, als er nach dem Spiel in Leverkusen ein paar Worte loswerden wollte. Wenn man sich die letzten Spiele so anschaue, würde man sehen, „dass wir zu oft frühe Gegentore bekommen haben, weil wir noch nicht richtig auf dem Platz waren“, sagte der 22-Jährige. „Dann besteht das restliche Spiel immer nur noch daraus, den Treffern hinterherzulaufen.“ Der Einschätzung des österreichischen Nationalspielers ist nicht viel entgegenzuhalten. Sie trifft vortrefflich. Hertha BSC hat nach zum Teil unkonzentrierten Auftritten in der Endphase der Bundesligahinrunde eine sehr gute Startphase in die Spielzeit verspielt und damit eine ambitionierte Ausgangsposition für die Rückrunde, die möglich gewesen wäre, vergeben.

Ein Spieler wie Lazaro darf so etwas sagen. Als einziger Hertha-Profi hat er in dieser Halbserie keine einzige Bundesligasekunde verpasst. Er ging an 17 Spieltagen jeweils über die komplette Distanz. Mit seiner läuferischen Bereitschaft und spielerischen Kreativität sowie mit seinen zwei Tore und vier Torvorbereitungen zählte der Rechtsverteidiger zu den Entdeckungen der Berliner.

Michael Preetz war nach der 1:3-Niederlage im abschließenden Hinrundenspiel in Leverkusen ebenfalls sehr unzufrieden. Herthas Manager geht es da wohl wie vielen Fans der Berliner. Denn von der Hinrunde mit 24 Punkten, die die Mannschaft holte, ist letztlich nur geblieben, dass sie sich irgendwie besser anfühlt, als sie tatsächlich ist. Bei genauerer Betrachtung ist sie von der Ausbeute her die schlechteste Hinrunde unter Pal Dardai. Preetz wurde deshalb so ungewohnt deutlich. Die Einstellung der Spieler nannte er "eine Katastrophe". Mehr noch: So könne man in der Bundesliga nicht bestehen. Das hat gesessen. Dass der Manager seine eigenen Profis so angeht, darf beunruhigen. Aber seine Kritik richtet sich mindestens indirekt auch an Trainer Pal Dardai.

Es fehlt die Konstanz

In seiner ersten vollständigen Spielzeit als Cheftrainer 2015/16 holte Hertha nach 17 Spieltagen 32 Punkte. Ein Jahr später waren es 30 Punkte. Vor einem Jahr hatte Hertha zu Weihnachten zwar ebenfalls 24 Punkte auf dem Konto, das allerdings bei einem besseren Torverhältnis. An die chronisch schwache Rückrundenbilanz von Hertha BSC will Dardai lieber nichts wissen. „Wir sollten gar nicht so viel darüber reden. Je mehr wir darüber sprechen und die Spieler es im Kopf haben, desto schwieriger wird es, daran etwas zu ändern“, sagte der Trainer des Berliner Fußball-Bundesligisten in einem Interview, das der Klub an Heiligabend veröffentlichte.

Fakt ist, dass Hertha in der ersten Hälfte der Hinrunde stark aufspielte, tolle Resultate lieferte. Vor allem entzückten die Berliner ihren Anhang mit sehr ansehnlichem Offensivfußball in einigen Heimspielen gegen hochkarätige Konkurrenz. Am 9. Spieltag hatte Hertha stattliche 16 Punkte geholt (vier Siege, vier Unentschieden, eine Niederlage). Darunter sieben Punkte aus den Spielen gegen das Führungstrio der Liga (Dortmund, Bayer, Gladbach). Diese Spiele zeigten, wozu Hertha an guten Tagen in der Lage ist: gutes Positionsspiel, offensiver Kombinationsfußball. Das berührte die Herthafans. In der zweiten Hinrundenhälfte ließen die Berliner dann doch erheblich nach. In den acht weiteren Spielen kamen nur noch acht Punkte zusammen (zwei Siege, zwei Unentschieden, vier Niederlagen).

Ausreißer im Positiven waren zweifellos der 4:2-Sieg über Gladbach sowie das 2:0 über Bayern München, Ausreißer im Negativen waren insbesondere die Niederlagen bei den beiden Abstiegskandidaten Düsseldorf (1:4) und Stuttgart (1:2). „Wir haben Spiele eingestreut, in denen wir fahrlässig Punkte liegen gelassen haben und in denen mit einer anderen Einstellung deutlich mehr möglich gewesen wäre“, sagte Michael Preetz.

Verletzungspech

Geprägt war die schwache zweite Hinrundenhälfte von ungewöhnlichen vielen Verletzungen. Insgesamt konnte Dardai letztlich nur zweimal hintereinander dieselbe Elf an den Start schicken. Allein das Stammduo in der Innenverteidigung, Niklas Stark und Karim Rekik, fielen für die zurückliegenden sechs Spiele komplett aus. „Da gehen viele Automatismen und die Systematik verloren, vor allem für die Defensive, wo wir dieses Mal sehr viel Pech mit Verletzungen gehabt haben“, sagte Pal Dardai.

Eine besondere Erwähnung ist Marko Grujic wert. Der 22 Jahre alte serbische Leihspieler vom FC Liverpool wäre Herthas Mann der Hinrunde geworden, wären dem zentralen Mittelfeldspieler nicht zwei Verletzungen dazwischen gekommen. Grujic bestritt so nur sieben Ligaspiele, nicht eines davon ging verloren (fünf Siege, zwei Unentschieden). Zu den Gewinnern der Hinrunde zählt neben Lazaro auch der erst 19 Jahre alte Arne Maier, der nur ein Spiel krankheitsbedingt ausfiel. Dass ihm am Ende etwas die Kräfte ausgingen, ist auf Grund seines Alters nicht unnormal.

Auch deshalb hoffen sie bei Hertha, dass zum Trainingsauftakt alle verletzten Spieler wieder zurück auf dem Übungsplatz stehen. „Wir sollten angesichts der Verletztenmisere froh über unsere Hinrunde sein, ich hoffe, Mathew Leckie ist der letzte Fall“, sagte Dardai. Leckie hatte sich in Leverkusen einen Muskelfaserriss zugezogen. „Das müssen wir jetzt so akzeptieren.“

Neben der Rückkehr einiger langzeitverletzter Stammspieler musste es Dardai auch darum gehen, Spieler wie Ondrej Duda wieder in Form zu bringen. Der Slowake erwischte einen famosen Start, erzielte rasch ein paar Tore, fiel dann aber in ein Leistungsloch. Auch der trickreiche Javairo Dilrosun, 20, galt anfangs als Unterschiedspieler, ehe der junge Holländer überdreht wirkte und verletzt ausfiel. Am 3. Januar bittet Pal Dardai seine Spieler wieder zum Training. „Wenn alle Spieler gesund sind, bin ich überzeugt, dass wir die beste Rückrunde spielen, seitdem ich hier Trainer bin“, sagte Dardai.

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