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Sport: Schritt für Schritt zum Höchsttempo

BERLIN .Die Kollegin vom Berliner Schlittschuh Club, Monique Garbrecht, räumt ein, daß sie mit dem leistungsfördernden Klappschlittschuh ein "bißchen dem Geschwindigkeitsrausch" verfallen sei.

BERLIN .Die Kollegin vom Berliner Schlittschuh Club, Monique Garbrecht, räumt ein, daß sie mit dem leistungsfördernden Klappschlittschuh ein "bißchen dem Geschwindigkeitsrausch" verfallen sei.Dessen Einführung habe auch ältere Sportlerinnen, die nach den Winterspielen in Nagano dem Eisschnellauf Valet sagen wollten, motiviert, weiterzumachen.Durch die Aussicht auf bessere Zeiten - auf persönliche, nationale oder globale Rekorde.

Michael Künzel ist mit 24 fünf Jahre jünger als Monique Garbrecht und wie jene Mitfavorit bei der heutigen (Beginn 17 Uhr) Entscheidung über 500 m bei den Deutschen Meisterschaften im Sportforum.Mit 36er Zeiten bei Testrennen und 1:13,69 Minuten über 1000 m war er sehr zufrieden, "denn die zeigen mir, daß ich gut und richtig trainiert habe und auf jeden Fall gegenüber dem Vorjahr vorangekommen bin." Auf der 500-m-Distanz erwartet er die härteste Konkurrenz durch die Erfurter mit Vorjahrsmeister Andreas Behr und Matthias Pfeiffer.Über 1000 m, die dem aus Plauen stammenden Künzel bislang nicht so zusagten, billigt er dem TSC-Läufer Michael Spielmann nach dessen ausgezeichneten Weltcup-Leistungen über 1500 m große Chancen zu.

Von Geschwindigkeitsrausch spricht Künzel nicht, wenn er über seine kurz-oder längerfristigen Ambitionen redet.Seine Begabung liegt weniger im naturgegebenen Talent, das beispielsweise den zweifachen 500-m-Olympiasieger Uwe-Jens Mey (Berlin) zu einem Ausnahmesprinter aufrücken ließ, sondern eher in seinem hartnäckigen Trainingsfleiß.Sein Vormarsch national in die erste Reihe und international in den Anschlußbereich der Weltelite vollzieht sich mehr peu á peu.So einer freut sich auch mehr als jeder andere, wenn er dafür belohnt wird."Nun kann ich befreit laufen.Ich hoffe, daß ich mich weiter steigern und näher an die Weltspitze heranrücken kann", meinte er im letztjährigen Winter, als er sich fast in letzter Minute mit einem achten Weltcuprang in das Nagano-Olympiateam hineinlief.Und nach seinem ersten olympischen Auftritt in Japan, bei dem er sich mit dem elften Platz achtbar einrangierte, war er so happy, daß er verkündete: "Ich wäre auch über 10 000 m angetreten, nur um in Nagano dabei zu sein."

Vor reichlich zwölf Monaten hatte der gelernte Autoschlosser und jetzige Soldat in der Sportförderkompanie Geltow bei Potsdam übrigens ein Geschehnis zu verkraften, daß beinahe alle olympische Träume zerstört hätte: Im Training durchschnitt er sich mit der scharfen Schlittschuhkufe eine Sehne am rechten Fuß und stand bei den ersten Saisonrennen mit traurigem Gesicht am Rande der Bahn.Die Kunst der Ärzte, die Hilfe im Reha-Zentrum an der Landsberger Allee, die Ratschläge seines Trainers Joachim Franke und sein Wollen führten ihn nach acht Wochen wieder in die Trainingsmühle und das Rampenlicht zurück.

Aus Nagano kehrte der junge Mann (1,87 m groß/84 kg schwer) nicht nur mit vielfältigen Eindrücken, sondern auch als neuer deutscher Rekordhalter zurück.Mit 36,19 Sekunden tilgte er Meys Bestmarke von 36,43 aus dem Jahre 1992, die damals Weltrekord bedeutete."Ich möchte diese Saison mit einer 35er Bestzeit abschließen, denn das ist der Schlüssel zur Weltspitze", so der beste deutsche Eissprinter.Damit wäre er auch der absoluten Topzeit des Japaners Shimizu von 39,39 Sekunden (WR) nähergerückt.In der Weltcup-Endrechnung hat der Berliner über 500 m einen Rang unter den ersten Zwölf im Visier, bei der Einzelstrecken-WM im März will er sich unter den ersten Zehn etablieren.Plazierungen, die an den Medien weitgehend vorüberrauschen dürften, aber dem Protagonisten das Bewußtsein vermitteln, es geht weiter Schritt für Schritt.

ERNST PODESWA

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