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Wibke Schumacher, Schülerreporterin der "Paralympics Zeitung".

© Thilo Rückeis

Schüler schreiben: Birmingham, Basketball und bleibende Erinnerungen

Hier ist wahrer Team Spirit zu spüren und auch ich werde schnell angesteckt von der Stimmung. Ich bin bereit für London 2012. Ein Workshopbericht.

"Last call for the flight back to Düsseldorf, Germany.“ Wann bin ich das letzte Mal so gerannt? Meine Lunge scheint im nächsten Augenblick zu explodieren und der Gang zu Gate 10 scheint kein Ende nehmen zu wollen. Alexander und ich sprinten mit unseren Handgepäckkoffern um die letzte Ecke und erreichen keuchend den Schalter. Wir haben es doch noch rechtzeitig geschafft und nehmen drei Minuten später auf unseren Sitzen Platz.

„Du  musstest dir ja unbedingt noch alle Sehenswürdigkeiten von Birmingham angucken!“, werfe ich Alexander vor, der seinen viel zu großen Rucksack unter den Sitz vor ihm quetscht. „Hey, war ja wohl cool, oder? Ich fand diese alte Kirche toll“, grinst er nur zurück.

Vor zwei Tagen erst haben wir uns auf dem Hinflug zum Workshop in Birmingham kennengelernt und doch kommt es mir vor, als hätten wir bereits viel miteinander erlebt. Zusammen sind wir in dem Haus der Teacher’s Union von Großbritannien, kurz NASUWT, angekommen und haben unsere Einzelzimmer bezogen. Dann haben wir natürlich alle anderen Teilnehmer der Paralympics Zeitung und der Paralympic Post kennen gelernt und mit ihnen zusammen eine kurze Einführung in unsere Aufgabe bei den Paralympics bekommen. So wissen wir jetzt, dass wir in London in Studentenheimen wohnen  und für uns selbst kochen müssen. „Das können die Mädchen machen“, wirft George aus dem britischen Team ein und zwinkert uns zu.  Doch uns allen ist mittlerweile klar, dass weder die Jungs noch die Mädchen viel Zeit haben werden, die tollsten Köstlichkeiten auf den Tisch zu zaubern – unser Terminkalender ist jetzt schon ziemlich voll.

Wir werden nicht nur die Spiele sehen und versuchen, interessante Athleten, Zuschauer und VIPs zu interviewen. Es geht auch in die Deutsche Botschaft in London und zu verschiedenen Empfängen.

Natürlich wird die Berichterstattung von den Spielen unsere Hauptaufgabe sein und Martin Mansell, ein beeindruckender Paralympics Schwimmer, der bereits viele Goldmedaillen gewonnen hat, erklärt uns in Birmingham auch, dass wir keine normalen Artikel schreiben werden. „Der Umgang mit Menschen mit Behinderung ist nicht immer einfach. Das fängt bereits bei der Wortwahl an. Es ist besser von behinderten und nichtbehinderten Sportlern zu sprechen, anstatt von behinderten und normalen. Außerdem solltet ihr nie direkt nach der Behinderung fragen – es geht doch in erster Linie um den Sportler selbst und seine Fähigkeiten und nicht um seine Einschränkung.“

Das Martin vollkommen Recht hat merken wir alle bereits am nächsten Tag. Etwas müde und mit unseren Lunchpaketen in den Händen machen wir uns mit einem Bus auf nach Manchester, denn hier findet der BT Paralympic Worldcup statt. Wir gucken uns das Finale im Fußball und im Rollstuhlbasketball an und ich bin von allem ziemlich beeindruckt.

Vor allem Rollstuhlbasketball ist atemberaubend. Die Spieler der männlichen Mannschaft der USA und Großbritannien haben riesige Schultern, auf ihren Armen prangen wilde Tatoos und die Muskeln zeichnen sich unter ihren Trikots deutlich ab. Manche von Ihnen allerdings haben dünne, zerbrechlich wirkende Beine und manchen wurden beide Beine amputiert. Alle sitzen sie in Rollstühlen und werfen sich die Bälle spielerhaft hin und her. Als das Spiel beginnt, bin ich im ersten Viertel total nervös. Hin und wieder verheddern die Rollstühle sich ineinander und manchmal fällt ein Spieler einfach mitsamt seinem Rollstuhl um. Jedes Mal bin ich kurz davor, aufzuspringen. Jemand muss ihnen doch helfen, schließlich können die Spieler ihre Beine nicht bewegen! Doch schnell wird mir klar, dass keiner von den Basketballern meine Hilfe benötigt. In kürzester Zeit richten sie sich selbst wieder auf, sind zurück im Spiel und schenken dem gegnerischen Team keinen einzigen Punkt. Das Spiel ist spannend und alle fiebern mit. Auch wenn die USA die Nase eindeutig vorn hat, holt Großbritannien immer wieder auf und da nach 24 Sekunden ein Wurf auf den Korb passiert sein muss, wird es nie langweilig. Am Ende gewinnt zwar die USA, doch England ist der Sieger der Herzen. Hinter uns jubeln zahlreiche englische Fans den Spielern zu, brüllen ihre Namen und unterstützen sie. Hier ist wahrer Team Spirit zu spüren und auch ich werde schnell angesteckt von der Stimmung in der Halle.

Als ich am nächsten Tag wieder neben Alexander im Flugzeug sitze und aus dem Fenster sehe, denke ich immer noch an die tolle Atmosphäre und die inspirierenden Spieler auf dem Basketballfeld. Als das Flugzeug abhebt, bin ich tatsächlich ziemlich traurig, dass wir erst in drei Monaten wieder Paralympische Luft schnuppern dürfen. Doch wie Karin, die Chefredakteurin der Paralympic Post, bereits häufig erwähnte: „Die Zeit vergeht wie im Flug und auf euch alle wartet viel Arbeit.“

Hoffentlich behält sie Recht. Denn ich bin bereit für London 2012.

Wibke Schumacher

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