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Sport: Schulden gegen Schulden

Der klamme Zweitligist Hertha BSC gibt erneut eine Anleihe aus – und umwirbt vor allem die Fans

Berlin - Wenn man gemein wäre, könnte man sagen, dass sich Ingo Schiller die Sache in diesem Jahr ziemlich einfach macht. Gut sechs Wochen sind es noch bis Weihnachten, doch die Frage, was er wem schenken wird, muss den Finanzgeschäftsführer von Hertha BSC in diesem Jahr wohl nicht mehr allzu sehr beschäftigen. Gut möglich, dass seine Freunde und Verwandten eine Hertha-Anleihe bekommen. Schon von der ersten Ausgabe hat er vor sechs Jahren etliche verschenkt, und von der Neuauflage, die der Berliner Fußball-Zweitligist gestern offiziell vorgestellt hat, will Schiller sogar „im verstärkten Umfang“ zeichnen – „weil beide Seiten davon profitieren“, sowohl sein Arbeitgeber Hertha BSC als auch er selbst. „Es ist ein innovatives und erfolgreiches Finanzinstrument“, sagt er, „aber auch ein ideales Weihnachtsgeschenk.“

Insgesamt sechs Millionen Euro will Hertha BSC mit der festverzinslichen Inhaberschuldverschreibung erlösen, die bis zum 31. Januar 2011 gezeichnet werden kann. Die Anleihe läuft über sechs Jahre und bringt fünf Prozent Zinsen. „Das gibt es am Markt im Moment nicht“, sagt Schiller. „Keene Arbeit, viele Piepen“, verspricht Hertha daher in einem Verkaufsprospekt. Und: „Wir machen wat aus Ihrer Knete.“ Nur eines darf nicht passieren: dass der Verein bis zum 15. November 2016 seine Zahlungsunfähigkeit anmeldet. Dann wäre die Knete weg.

Hertha bietet die Anleihe als Schmuckversion an und als Papiere fürs Depot. Sie ist zu 100 Euro, 500 Euro und – in Anlehnung an Herthas Gründungsjahr – zu 1892 Euro erhältlich. Auf der 100-Euro-Anleihe sind Nachwuchsfußballer abgebildet, auf der 500-Euro-Anleihe Spieler aus dem aktuellen Profikader und auf der 1892-Euro-Anleihe besondere Momente der Vereinsgeschichte.

Den Großteil des erhofften Erlöses, nämlich 4,2 Millionen Euro, will Hertha laut Schiller „zur Rückführung von Kreditlinien“ einsetzen. Die fünf Prozent Zinsen, die der Klub den Anlegern zahlt, liegen deutlich unter den marktüblichen Kreditzinsen. Abzüglich der Kosten von etwa 150 000 Euro für die Emission bleiben noch etwas mehr als anderthalb Million Euro „zur Stärkung der Liquidität“. Die Ausgabe der neuen Anleihe habe nichts mit Liquiditätsengpässen oder der Lizenz für die laufende Saison zu tun, sagt Schiller. Die Spielzeit sei durchfinanziert, und das Nachlizenzierungsverfahren der Deutschen Fußball-Liga habe Hertha gerade erst erfolgreich durchlaufen. Auch werde die Verschuldung des Klubs (derzeit etwa 35 Millionen Euro) durch die Anleihe nicht nennenswert steigen. Die zuletzt kolportierte Summe von 38 Millionen Euro wollte Schiller nicht bestätigen.

Bereits vor sechs Jahren hat Hertha eine Anleihe über sechs Millionen Euro aufgelegt. Sie läuft am 1. Dezember aus. Anders als diesmal gab die Berliner Volksbank die Anleihe aus. Jetzt emittiert der Verein die Anleihen selbst, die Volksbank übernimmt nur die Zahlstellenfunktion.

Von der ersten Anleihe hat Hertha im vergangenen Jahr für 1,5 Millionen Euro Anteile zurückerworben; die 4,5 Millionen Euro für den Rest sind laut Schiller im aktuellen Etat eingeplant. Möglich ist aber, dass Hertha nicht die komplette Summe zahlen muss, weil einige Fans ihre Schmuckanleihe lieber behalten, anstatt sie wieder zu Geld zu machen. „Wir setzen nicht darauf“, sagt Ingo Schiller. Zumindest von seinen Freunden und Verwandten aber, denen er vor sechs Jahren Schmuckanleihen geschenkt hat, erwartet er es: „Ich wäre böse, wenn sie die Anleihen jetzt zurückgeben.“

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