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Sport: Schumacher vertauscht

Während Michael mit Ferrari in der Krise steckt, haben Ralf und Toyota unverhofft einen Weg heraus gefunden

Die Toyota-Mechaniker blickten erstaunt auf, als plötzlich der falsche Schumacher neben ihnen stand. Der Pilot in dem roten Overall suchte ein wenig verwirrt nach dem Ausgang, bis auch er schließlich bemerkte, dass er sich in der Box geirrt hatte. Sein spektakulärer Unfall beim Großen Preis von Australien hatte Michael Schumacher offenbar so mitgenommen, dass er statt seinem Team Ferrari der Garage von Toyota einen Besuch abstattete, die normalerweise seinem Bruder Ralf als Anlaufstelle dient. Dieser wiederum kam sich kurze Zeit später auf dem Siegerpodest von Melbourne ähnlich deplatziert vor. „Auf einmal war ich Dritter, ohne zu wissen warum, wenn ich ehrlich bin“, sagte der Toyota-Pilot.

Es hat einen Rollentausch gegeben im Hause Schumacher – zumindest am vergangenen Wochenende. Noch vor knapp drei Wochen in Bahrain hatte Michael als Zweiter auf dem Treppchen gestanden, während Ralf nach einem desaströsen Rennen in der Toyota-Box Mitleid erntete. Seither haben sich die Ergebnisse der Brüder immer mehr angenähert und schließlich vertauscht. Während Toyota und Ralf die anfänglichen Probleme allmählich in den Griff zu bekommen scheinen, stecken Ferrari und Michael in der Krise und müssen sich von der heimischen Presse verspotten lassen.

Davon, dass ihm eine ähnlich deprimierende Saison wie 2005 drohen könnte, will Michael Schumacher freilich noch nichts wissen. Er ist überzeugt, dass Ferrari in der WM noch eine wichtige Rolle spielen kann. „Wir wissen, wie konkurrenzfähig wir sind“, sagte der 37-Jährige. „Wir waren teilweise schnell unterwegs, aber wir müssen einfach unter allen, nicht nur unter gewissen Umständen konkurrenzfähig sein. Das muss bis Imola besser werden.“ Beim Heimrennen in drei Wochen will Ferrari mit einem stark überarbeiteten Auto antreten. Auch die Motorenprobleme sollen dann behoben sein.

Den wichtigsten Unterschied zwischen Ferrari und Toyota aber bildeten in Melbourne die Reifen. Zwar vertrauen beide Teams auf den Hersteller Bridgestone, doch waren sie am Sonntag auf sehr unterschiedlichem Gummi unterwegs. Toyota hatte sich für eine neue Mischung entschieden. Weil Ferrari diese jedoch bisher nicht testen konnte, griff der Rennstall in Melbourne wieder auf einen alten Typ zurück, der schwer auf die optimale Betriebstemperatur zu bringen war. Der Rennstall muss sich nun die Frage gefallen lassen, warum er den neuen Reifen nicht wenigstens als eine der zwei möglichen Alternativen für Melbourne ausgewählt hat, obwohl die beiden anderen Teams ihn als „einen großen Fortschritt“ bezeichnen und auch Bridgestone dafür plädiert hatte. Bei Toyota machte hinsichtlich des Konkurrenten das unschöne Wort „Beratungsresistenz“ die Runde.

Dass der eigene dritte Platz allerdings auch glücklichen Umständen zu verdanken ist und damit längst nicht alle Probleme gelöst sind, weiß man auch bei Toyota. Trotzdem ist er wichtig, um eventuell aufkommende Kritik aus der Führungsetage in Japan nach dem missglückten Saisonauftakt sofort entkräften zu können. Nun kann das Team mit mehr Ruhe an die neuen Aufgaben herangehen. „Wir müssen jetzt daran weiterarbeiten, denn wir haben schon in Bahrain gelernt, dass wir selbst Reifen entwickeln müssen, die zu unserem Auto passen,“ sagte Ralf Schumacher. „Wobei wir wissen, dass auch am Auto selbst noch einiges zu verbessern ist“, gab Toyota-Technikchef Mike Gascoyne zu. Dass der Weg nach ganz vorne immer noch sehr weit ist, ist ihm genauso klar wie seinem Fahrer. „Renault und McLaren sind weit weg“, sagt Ralf Schumacher. Für den Anfang würde es ihm wohl genügen, auch in Imola wieder vor seinem Bruder und Ferrari zu sein.

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