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Sport: Schwabens Musterknaben

Stuttgart schielt in Richtung Champions League

Von Martin Hägele

Stuttgart. Schwabenland war Traumland an diesem kalten Winterabend. „Der VfB träumt von der Champions-League“, titelten die Agenturen als Resümee des 19. Spieltages der Fußball-Bundesliga, nach diesem 3:1-Sieg des VfB Stuttgart über Hertha BSC. Der Blick auf die Tabelle kann in der Tat manchen Stuttgarter zum Abheben verleiten. Platz vier. Und dann in den Kalender gucken. Am Sonntag kommt Borussia Dortmund – wieso sollen die Musterknaben der Liga nach dieser Partie nicht den Platz mit dem Meister tauschen?

Richtig schöne Zeiten verspricht auch der Wochenplan. Am Dienstag wird Kevin Kuranyi als neuer Werbeträger des Mineralwasser-Fabrikanten „Ensinger“ vorgestellt. Jahrelang habe sich beim Traditions-Partner des VfB niemand angeboten, der in die Fußstapfen der Brüder Karl-Heinz und Bernd Förster, Weltmeister Guido Buchwald oder Torjäger Fredi Bobic habe treten können, sage Geschäftsführer Bernd Leonhardt, „und jetzt hatten wir plötzlich die Qual der Wahl“.

Acht Profis, die einst in der A-Jugend des VfB ausgebildet wurden, hatten gegen Hertha mitgespielt. Ein solches Programm birgt aber auch Risiken, wie Trainer Felix Magath im Fall Michael Rundio merkte. Der Junioren-Nationalspieler, unlängst bei der Wolfsburger Stadion-Einweihung Matchwinner und Vorbild für alle anderen, zeigte während seiner knapp viertelstündigen Premiere vor heimischer Kulisse halt Lampenfieber. „Er wollte zu viel“, sagte Magath. Nun muss Rundio bei seinem nächsten Einsatz beweisen, dass er eine weitere Lektion in diesem Beruf kapiert hat.

So wie zum Beispiel Kevin Kuranyi. Den Stürmer hat Magath öffentlich als Mann des Tages herausgestellt, mit dem Attribut „nationalmannschaftsreif“ versehen. Der 20-Jährige habe uneigennützig gespielt, er habe die ersten beiden Tore vorbereitet, „obwohl viele andere in dieser Situation selbst den Abschluss gesucht hätten“. Mit zehn Bundesliga-Treffern hat Kuranyi schon kräftig an die Tür zur Nationalmannschaft geklopft, zwei weitere Tore und Rudi Völler hätte sich einer solch lautstarken Bewerbung, die wohl von allen Medien hier zu Lande gepusht worden wäre, kaum verschließen können. Gleichzeitig mit den frohen Nachrichten, die am Donnerstag im Roten Haus verkündet werden, gibt nämlich der Teamchef in Frankfurt den Kader zum Länderspiel gegen Spanien auf Mallorca bekannt.

Stuttgarts eigenwilliger Trainer aber hofft, dass er dann bloß nicht die Berufung des ersten Nationalspielers kommentieren muss, den er in seiner nunmehr zwei Jahre währenden Amtszeit beim VfB für höhere Aufgaben ausgebildet hat. „Das ist noch nix für den, der Kevin ist doch erst 20 Jahre alt, der soll erst mal reifen“, sagt Felix Magath, und verweist auf das eigene Beispiel. Er sei 1977 beim ersten Mal für Deutschland 45 Minuten wie ein Wilder herumgelaufen, „mitgespielt habe ich nicht“.

Martin Hägele

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