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Sport: Schweigen zum Schluss

Nach erfolgreichen Jahren muss Felix Magath beim FC Bayern weichen

Die Sonne schien, Roque Santa Cruz schoss den Ball aus 20 Metern mühelos in den Torwinkel, gab danach einem spanischen Fernsehteam ein Interview, und Lukas Podolski warf einen Schneeball. Dann ging er lachend in die Umkleidekabine. Das war der erste äußere Eindruck am Tag danach: Der FC Bayern in bester Laune.

Allerdings täuschte der Eindruck. Der deutsche Rekordmeister hat sich gestern mit sofortiger Wirkung von Trainer Felix Magath getrennt. Nachfolger wird Ottmar Hitzfeld, der die Bayern schon von der Saison 1998/99 an bis 2004 trainiert hatte. Schon heute leitet er das erste Training, am Freitag in Nürnberg wird er mit seinem früheren Kotrainer Michael Henke, der gestern als Sportdirektor beim 1. FC Saarbrücken kündigte, auf der Bank sitzen. Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge ließ mitteilen: „Die Sorge um die Qualifikation für die Champions League in der kommenden Saison hat uns zur heutigen Entscheidung veranlasst.“

Am Vorabend hatte der Rekordmeister zuhause auch gegen den VfL Bochum nicht gewonnen, das 0:0 war eine Blamage. Der VfB Stuttgart ist damit dank seines Sieges gegen Bielefeld in der Tabelle vorbei gezogen. Bayern steht derzeit nur auf Rang vier, was am Ende der Saison nicht einmal mit der Möglichkeit verbunden wäre, sich für die Champions League zu qualifizieren. Statt, wie geplant, Bremen und Schalke ernsthaft zu jagen, müssen die Münchner nach nur einem Punkt aus zwei Rückrundenspielen plötzlich aufpassen, dass sie nicht noch mehr Boden verlieren.

Dennoch kam der Schritt der Bayernspitze überraschend. Mittelfeldspieler Mark van Bommel beantwortete die Trainerfrage noch drei Stunden, bevor der Wechsel bekannt wurde, so: „Das ist keine Frage für uns. Wir spielen auch nicht für den Trainer. Wir spielen mit dem Trainer.“ Torhüter Oliver Kahn sagte: „Man muss das alles auch ein bisschen realistisch sehen und nicht immer gleich den Trainer in Frage stellen oder irgendwelche populistischen Aussagen machen.“ Auch am Vorabend, nach dem Spiel gegen Bochum, hatte es keine besonderen Indizien für eine Trainerentlassung gegeben. Manager Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge schwiegen. Aber sie schweigen manchmal, und nicht jedes Mal wird der Trainer entlassen.

Felix Magath selbst sagte nach dem Spiel: „Wir haben besser gespielt als in Dortmund. Insofern bin ich mit dem, was wir umgesetzt haben, zufrieden.“ Das Unentschieden interpretierte er nach dem Spiel als „Schritt nach vorne.“ Dass außer ihm aber kaum jemand etwas Positives an diesem Abend gesehen hatte, spricht – im Rückblick betrachtet – Bände.

Einen Eindruck, wie die Stimmung in der Mannschaft einzuschätzen ist, gaben die Spieler van Bommel, Philipp Lahm, Daniel van Buyten, Oliver Kahn und Hasan Salihamidzic. Während Lahm, van Buyten und Kahn von „Verunsicherung“ der Mannschaft sprachen, sagten Salihamidzic und van Bommel, dass es „keine Verunsicherung“ gebe. Das ergibt eine etwas unklare Gesamtaussage, die aber im Kern doch sehr für das Vorhandensein von Verunsicherung spricht. „Da wir gute Chancen nicht umgesetzt haben, wurden wir unsicher“, sagte auch Magath nach dem Bochum-Spiel. Und Mark van Bommel bedauerte umso mehr, seine eigene Chance nicht verwandelt zu haben, als er einmal frei vor Bochums Keeper auftauchte. „Dann gewinnen wir das locker“, sagte er. „An solchen Kleinigkeiten hängt so ein Spiel dann.“

Es waren am Ende aber gerade nicht solche Kleinigkeiten, sondern das große Ganze, das den Bayern-Verantwortlichen missfiel. Zum Beispiel die augenscheinliche Verunsicherung, die Ziellosigkeit der Mannschaft. Mark van Bommel sagte: „Wir wollten alle viel. Und wenn alle zu viel wollen, sieht das aus, als fehle das Selbstvertrauen. Aber so ist das nicht.“ Vielleicht aber war es doch so. Offenbar war es jedenfalls der Bayernführung zu viel. Zu viel Mangel.

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Klaus Raab[München]

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